Wir beantragen:
- Der Gemeinderat führt umgehend eine Nahverkehrsabgabe ein, sobald das Land Baden-Württemberg hierfür die angekündigte Rechtsgrundlage geschaffen hat. Mit den Einnahmen und städtischen Zuschüssen wird das Ziel verfolgt, die Nutzung des ÖPNV für alle Nutzer:innen kostenlos zu machen.
- Die Verwaltung wird beauftragt, folgende Varianten darzulegen und deren Kosten zu beziffern:
2.1 Ticketfreier, kostenloser Nahverkehr für alle Stuttgarter Einwohner:innen für den gesamten Bereich des VVS.
2.2 Ticketfreier, kostenloser Nahverkehr für alle Stuttgarter Einwohner:innen für die Stuttgarter Tarifzone.
2.3 Ein 365-Euro-Jahres-Ticket für alle Stuttgarter Einwohner:innen für das gesamte VVS-Netz
2.4 Ein 365-Euro-Jahres-Ticket für alle Stuttgarter Einwohner:innen für die Stuttgarter Tarifzone
- Die Varianten 2.1 bis 2.4 werden separat abgestimmt
Begründung:
Stuttgart ist nach wie vor unter denjenigen Städten, welche eine der höchsten Luftschadstoffkonzentrationen und gleichzeitig einer nach wie vor wachsenden Zahl an Kraftfahrzeugen auf den Straßen aufweist. Eine grundlegende sozial-ökologische Verkehrswende hin zu einer multimodalen Mobilitätskultur durch Verlagerung des Verkehrsgeschehens auf umwelt-, klima- und ressourcenschonende Transportmittel ist jedoch dringend notwendig. Die Studie des Landes „Mobiles Baden-Württemberg – Wege der Transformation zu einer nachhaltigen Mobilität“ stellte bereits im Jahr 2016 klar: Bis 2050 muss der heutige Bestand an Kraftfahrzeugen um 85 Prozent abschmelzen, damit die vollständige Dekarbonisierung des Verkehrssektors in Verbindung mit den Nachhaltigkeitszielen des Landes gelingen kann. Mit dem heutigen Wissen ist klar: die muss nicht erst im Jahr 2050 realisiert werden, sondern spätestens im Jahr 2035. Hierfür braucht es eine grundsätzliche Kursänderung: nachhaltige, klimaschonende Verkehrsmittel müssen günstiger (oder umsonst) sein, klimaschädliche Mobilität hingegen muss unattraktiver und deutlich teurer werden. Für diese ökologische Verkehrswende ist ein leistungsfähiger, attraktiver und alle Bedürfnisse abdeckender ÖPNV das notwendige Rückgrat. Durch die Coronakrise hat der ÖPNV in den letzten anderthalb Jahren massiv Fahrgäste verloren, die Zahl der Abonent:innen (insbesondere beim Jobticket) ging stark zurück. Mit unterschiedlichen Aktionen haben die Verkehrsverbünde Kund:innen belohnt, die ihr Abo trotz Corona behalten haben. So konnten VVS Kund:innen in den Sommerferien landesweit ihr Ticket im Nahverkehr nutzen. Bis zum 26. September 2021 gab es eine Aktion, dass jede:r Abonent:in das Ticket bundesweit im Nahverkehr nutzen durfte. Innerhalb kurzer Zeit machten 280 000 Kund:innen davon Gebrauch. Bislang sind 70 bis 75 Prozent der Fahrgäste, die vor Corona im ÖPNV unterwegs waren, nutzen diesen inzwischen wieder regelmäßig.
Doch während ÖPNV-Nutzer:innen einen immer höheren Anteil an Kosten für Betrieb, Fuhrpark und Infrastruktur tragen (aktuell sind es im VVS 62,4 % Nutzerfinanzierung, bei der SSB waren es inklusive verbundbedingter Belastungen im Jahr 2016 sogar 94 %) zieht sich die öffentliche Hand schrittweise weiter aus der Mitfinanzierung zurück. Hier muss mit einer Nahverkehrsabgabe konsequent umgesteuert werden. Wir wollen deshalb in einem ersten Schritt zumindest ein 365-Euro-Jahresticket einführen um dann den ticketfreien, kostenlosen Nahverkehr einzuführen.