Wir beantragen:
Der Beschlussantrag in GRDrs 620/2021 wird wie folgt geändert:
Die Klassenräume der Stuttgarter Schulen werden grundsätzlich mit Luftreinigungsgeräten ausgestattet. Dies erfolgt stufenweise wie nachfolgend beschrieben:
1. Die Verwaltung wird ermächtigt, unter Berücksichtigung eines vom Land Baden-Württemberg in Aussicht gestellten Förderprogramms, die in der Begründung dargestellten voraussichtlich bis zu rund 250 ungenügend belüftbaren Schulräume kurzfristig – möglichst bis zum Beginn des neuen Schuljahres (September 2021/22) mit geeigneten Luftreinigungsgeräten auszustatten.
2. In einer zweiten Stufe werden alle Klassenräume der Klassenstufen 1 bis 6 mit geeigneten Luftreinigungsgeräten ausgestattet, sobald ausreichend viele Geräte auf dem Markt verfügbar sind. Grund: Impfungen für Kinder im Alter von 6 bis 12 Jahren stehen noch nicht zur Verfügung und werden von der STIKO nicht empfohlen, außerdem gibt es bisher noch keine passenden FFP2-Masken für diese Altersgruppe.1)i
3. In der dritten Stufe werden alle Klassenräume in Stuttgarter Schulen mit Luftreinigungsgeräten ausgestattet, sofern nicht bereits Raumlufttechnische Anlagen (RLT-Anlagen) im Schulgebäude installiert sind bzw. eine umfassende Schulsanierung mit Installation von RLT-Anlagen für die nächsten zwei Jahren vorgesehen sind.
Begründung:
Nach dem monatelang eingeschränkten Schulbetrieb muss nach den Sommerferien endlich ein dauerhafter Präsenzunterricht gewährleistet werden, insbesondere für die jüngeren Klassenstufen, für welche Online-Unterricht am wenigsten zielführend und durchführbar ist. Schüler*innen sind zumeist ungeimpft, für die unter 12jährigen Schüler*innen gibt es bisher weder einen zugelassenen Impfstoff noch FFP2-Masken in passenden Größen für Kinder, weswegen in der Tagesschau vom 20.6.21 berichtet wurde, dass die Bundesregierung einen Bedarf für die Normung von FFP2-Masken für Kinder sieht.1) Parallel dazu breitet sich die Delta-Variante aus und weitere Varianten sind absehbar. Die Bundespolitik nimmt bereits Blick auf die kommende Omega-Variante.
Unter diesen Voraussetzungen müssen jetzt alle Maßnahmen ergriffen werden, dass Schüler*innen wieder sicher in ihren Klassenräumen unterrichtet werden können. Dies ist am besten möglich, wenn die Klassenräume mit raumlufttechnischen Anlagen ausgestattet sind. Das ist allerdings noch ein sehr langer Zeitraum, der nur im Zuge von aufwändigen Schulsanierungsmaßnahmen möglich ist. Eine kurzfristigere Möglichkeit besteht in der Anschaffung von Luftreinigungsgeräten für jedes Klassenzimmer. Dafür wurde vom Land ein Förderprogramm für nicht gut belüftbare Räume aufgelegt und vom Bund gibt es ein Förderprogramme, womit speziell die Ausstattung von Klassenräumen mit Luftreinigungsgeräten für die Zielgruppe der 6-12jährigen Kinder gefördert wird, so dass die Kommunen bei der Anschaffung solcher Geräte finanziell unterstützt werden.
Inzwischen hat sogar das Umweltbundesamt seine zunächst äußerst kritische Haltung gegenüber Luftreinigungsgeräten abgelegt und für deren Anschaffung ausgesprochen. (siehe https://www.umweltbundesamt.de/themen/lueftung-lueftungsanlagen-mobile-luftreiniger-an)
Uns ist bewusst, dass bis zum Schuljahresbeginn nicht alle Klassenräume mit Luftreinigungsanlagen ausgestattet sein können, da der Markt aufgrund von Lieferschwierigkeiten so viele Geräte in so kurzer Zeit nicht hergibt. Daher beantragen wir ein dreistufiges Vorgehen in der Anschaffung von Luftreinigungsgeräte und der Ausstattung der Klassenräume.
Unsere FrAKTION fordert – im Gegensatz zum Vorschlag der Verwaltung -, dass man sich als Stadt Stuttgart das ehrgeizige Ziel setzt, dass alle Klassenräume baldmöglichst mit Luftreinigungsgeräten ausgestattet werden.
Die Zusammenfassung der Ergebnisse des Pilotprojekts „Experimentelle Untersuchung zum Infektionsrisiko in Klassenräumen in Stuttgarter Schulen“ vom Institut für Gebäudeenergetik, Thermotechnik und Energiespeicherung der Universität Stuttgart zeigte deutlich, dass die Kombination aus Luftreinigungsgerät mit Stoßlüftung die Variante ist, die das Infektionsrisiko am stärksten senkt. In der ersten Fassung, die den Stadträt*innen zukam, wurde auf Seite 2 die folgende Grafik mit untenstehender Erläuterung gezeigt:
Mit Variante V7 liegt das Infektionsrisiko sogar ohne Mund-Nasen-Schutz bei unter 5 Prozent.
Es ist sehr erstaunlich, dass genau diese unter dem Aspekt des Infektionsschutzes beste Variante, für die Stadt im Falle einer flächendeckenden Installation von Luftreinigungsgeräten in allen Klassenräumen aber auch die kostspieligste Variante, aus den Langfassungen und Präsentationen entfernt wurde. Die Sicherheit der Kinder sollte uns das aber finanziell wert sein. Daher fordert unsere FrAKTION, dass mit der Umsetzung von Variante 7 in allen Klassenräumen dem Infektionsschutz für Schüler*innen bestmöglich Rechnung getragen wird.
Kinder und Jugendliche haben unter den Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-Pandemie extrem gelitten und wurden von der Politik am meisten vernachlässigt. Während für viele Wirtschaftsbereiche (Industrie, Luftfahrtbranche, Handel und Gastronomie) enorme Summen für die Kompensationen von Einbußen durch die Pandemie zur Verfügung gestellt wurden, darf man jetzt nicht bei Investitionen in unsere Zukunft, nämlich bei Kindern und Jugendlichen, sparsam sein. Dies würde weder dem Bildungsanspruch noch dem Anspruch des bestmöglichen Schutzes der Gesundheit unserer Kinder gerecht.
1) „Im Einvernehmen mit dem Bundesgesundheitsministerium habe deshalb das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte die Normung einer Infektionsschutzmaske beim Deutschen Institut für Normung initiiert, die auch Masken in Kindergrößen berücksichtigen soll.
„Eine Erkenntnis aus der Pandemie ist, dass wir Standards für Infektionsschutzmasken speziell für Kinder entwickeln müssen“, sagte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums den Zeitungen der Funke Mediengruppe.“ Quelle: https://www.tagesschau.de/inland/corona-ffp2-masken-kinder-101.html