Die Stuttgarter*innen haben einen neuen Oberbürgermeister. Frank Noppers Wahlsieg mit 83 812 Stimmen kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass ihn die große Mehrheit (81 Prozent!) der 445 577 Wahlberechtigten nicht gewählt hat. Die Erwartungen an eine „Stadtpolitik für alle“ zeigen die Top-Themen der Stuttgarter Bürgerumfrage: Die zu hohen Mieten und mangelhaftes Wohnungsangebot führen die Liste an. „Wohnen darf kein Luxus sein“, ließ Herr Nopper im Wahlkampf plakatieren. Aber wo Luxus anfängt bestimmt das Einkommen. Will Nopper eine Stadt, in der sich Pflegekraft, Müllwerker*in, Verkäufer*in und Geflüchtete die Miete leisten können? Dann muss er unser Konzept umsetzen: Gemeindewohnungsbau auf städtischem Grund in Verbindung mit einem Stopp von Privatisierung städtischen Bodens.
Auch beim dritten Thema „Zu viel Autoverkehr“ hält sich der neue OB bisher bedeckt. Ein Bekenntnis zur Reduzierung des Autoverkehrs für bessere Luft, weniger Lärm und dem Ausbau von ÖPNV, Rad- und Fußverkehr und einem breit finanzierten ÖPNV mit niedrigeren Ticketpreisen steht bisher aus. Ebenso gilt: Grünflächen und die Ränder der Stadt dürfen nicht bebaut werden. Die Stadt verträgt nicht ständig neue Großbaustellen mit riesigen CO2-Emissionen. Dass Stuttgart bis 2035 klimapositiv sein muss ist kein ‚nice to have‘, sondern ein Imperativ. Das Klima lässt nicht mit sich verhandeln – das muss jeder OB begreifen.
Kein Projekt hatte in der Bürgerumfrage miesere Noten als Stuttgart 21. In Noppers Amtszeit wird die Stadt wohl riesige Summen für Mehrkosten aufbringen müssen. Warum nicht den Fakten ins Auge sehen und mit der Notbremse eine Neubewertung erzwingen?
Für die kommenden Haushaltsberatungen muss gelten: Kürzungen im Kultur- und Sozialbereich sind ausgeschlossen. Dem haben Sie, Herr Nopper, auf allen Wahlkampf-Podien zugestimmt! Wir werden Sie daran erinnern.