Stuttgart 21 – wie hoch waren die Kosten für die Stadt bislang?

Wir bitten um zeitnahe schriftliche Beantwortung folgender Fragen. Dabei wird gebeten, wichtige Prämissen und Einzelposten aufzuschlüsseln, um ein Verständnis der Beträge zu ermöglichen:

  1. Wie hoch wären die Einnahmen durch Strafzinsen für die von der Bahn an die Stadt verkauften S-21-Grundstücke gewesen, auf die die Stadt vom 1. Januar 2011 (GRDrs 790/2007) bis zum 1. Januar 2020 bereits verzichtet hat?
  2. Wie hoch sind die Kosten für die Stadt Stuttgart bislang, die durch Personalstellen, welche für das Projekt Stuttgart 21 geschaffen wurden (Aufschlüsselung), entstanden sind (bis Stand Januar 2020)? Wir bitten um eine detaillierte Auflistung der Stellen.
  3. Wie hoch waren die bisherigen Kosten für die Stadt Stuttgart, die für den Rechtsstreit mit der Bahn AG bezüglich der Finanzierung der Mehrkosten des Projekts Stuttgart 21 anfielen?
  4. Wie viel Geld hat die Stadt Stuttgart bislang für Öffentlichkeitsarbeit für das Projekt Stuttgart 21 ausgegeben? Wir bitten um eine Aufschlüsselung nach Maßnahmen.
  5. Wie viel Geld hat die Stadt Stuttgart bislang für Rechtsberatung (unabhängig bzw. zur Vermeidung von Gerichtsverfahren) und für anwaltliche Vertretung in Prozessen im Zusammenhang mit Stuttgart 21 (über Frage 3 hinausgehend) ausgegeben?
  6. Wie hoch sind die Mehrkosten für die Stadt Stuttgart bei den Folgemaßnahmen von Stuttgart 21 (wie etwa dem Neubau der U-Bahn-Haltestelle Staatsgalerie, Masse-Feder-Systemen, Verlängerung der Unterfahrung des Gebhard-Müller-Platzes (GRDrs 394/2015)), die durch die Bauzeitverzögerungen des Gesamtprojekts entstanden sind? Wir bitten um einzeln aufgeschlüsselte Mehrkostendarstellung, aus der hervorgeht, wie viel Geld für was aus dem Stadthaushalt finanziert wurde.
  7. Beinhaltet die Beauftragung der Kanzlei Dolde Mayen, die Landeshauptstadt Stuttgart in einem Prozess gegen die Projektpartner*innen um die Mehrkosten für das Projekt Stuttgart 21 zu vertreten (nach GRDrs 956/2016), dass es eine Höchstgrenze für Anwaltskosten / Rechtsberatung gibt?

7a) Wenn ja: in welcher Höhe?

7b) Wenn nein: wie viel Geld hat die Stadt der Kanzlei Dolde Mayen bisher bezahlt?

Begründung:

Die örtliche Presse berichtet im Zusammenhang mit dem Projekt Stuttgart 21 am 23.1.2020 über eine zukünftige ‚Einnahmequelle‘ der Stadt von der Bahn: ab Beginn des Jahres 2021 darf die Stadt der Bahn Strafzinsen in Rechnung stellen, weil die Bahn die Gleisgrundstücke immer noch nicht für die Stadt Stuttgart freigeräumt hat und ihr zur Verfügung stellen kann. Hintergrund ist die enorme zeitliche Verzögerung beim Bau von Stuttgart 21.

Im Jahr 2001 hat die Stadt Stuttgart von der Bahn AG Grundstücke im Wert von 424 Mio. Euro erworben. Im Kaufvertrag wurde festgelegt, dass die Flächen bis zum 31. Dezember 2010 von der Bahn an die Stadt übergegangen sein mussten, anderenfalls wurde festgelegt, dass Strafzinsen in Höhe von vier Prozent über dem aktuellen Basiszinssatz der europäischen Zentralbank von der Bahn an die Stadt zu zahlen seien. Mit einem Beschluss des Gemeinderats (GRDrs 790/2007) verzichtete die Stadt jahrelang darauf, die Strafzinsen von der Bahn einzufordern. Wir möchten daher wissen, wieviel Geld der Stadt seither durch diesen Beschluss bis zum 1. Januar 2020 entgangen ist. Darüber hinaus fragen wir nach weiter entstandenen städtischen Kosten im Zusammenhang mit dem Projektvorhaben S-21.

Zur Kostentransparenz gehört auch, dass die Stadtverwaltung den Bürger*innen eine Übersicht vorlegt, wie hoch die bisherigen direkten und indirekten städtischen Kosten für das Projekt Stuttgart 21 sind. Neben den erheblichen Belastungen, Belästigungen und Einschränkungen durch die ewige Baustelle, wurden in der Vergangenheit immer wieder separate Kosten über den Stadthaushalt finanziert, die in direktem Zusammenhang mit dem Projekt Stuttgart 21 stehen. Beispielhaft sei das Masse-Feder-System (GRDrs 261/2019) genannt, welches allein mit 5,2 Mio. Euro zu Buche schlägt und in direktem Zusammenhang mit dem Projekt Stuttgart 21 steht, in der Gesamtkostenrechnung von derzeit 8,2 Milliarden Euro aber nicht auftaucht.

Auch die Umgestaltung des Gebhard-Müller-Platzes im Zusammenhang mit dem Projekt Stuttgart 21 (GRDrs 140/2007 und GRDrs 887/2002) führte zu erheblichen Belastungen des städtischen Haushalts (allein im aktuellen Doppelhaushalt sind 26,5 Mio. Euro vorgesehen) – Kosten, die in direktem Zusammenhang mit Stuttgart 21 stehen – aber in der Gesamtkostenrechnung nicht auftauchen.

Bislang ist eine Dekade seit dem Baubeginn vergangen – jetzt ist es an der Zeit, der Stuttgarter Öffentlichkeit transparent darzulegen, wie viele Millionen Euro an Zusatzkosten für den Stadthaushalt inzwischen entstanden sind und den Eindruck zu relativieren, dass ab dem kommenden Jahr mit Stuttgart 21 die Stadtkasse über Strafzinsen aufgefüllt werden könnte.