Wir fragen und bitten um schriftliche Beantwortung:
- Warum wurde die Anfrage 22/2019 „Welche Rolle spielt Wolfgang Schuster beim Telekom-Deal mit der Stadt Stuttgart?“ immer noch nicht beantwortet?
- Warum wird ein Vertrag über ein Ausbauprojekt von Infrastruktur, was in hohem Maße von öffentlichem Interesse ist, ausschließlich nicht-öffentlich verhandelt und verabschiedet?
- Wie hoch ist der Energieverbrauch im Betrieb für folgende Projekte nach Fertigstellung: a) Breitbandausbau b) flächendeckende Mobilfunkabdeckung mit 4G c) flächendeckende Mobilfunkabdeckung mit 5G
- Wie hoch ist der Flächenverbrauch durch das Aufstellen von beispielsweise Verteilerkästen oder Mobilfunkmasten?
- Wo genau plant die Stadt, die Flächen dafür zur Verfügung zu stellen?
- Wie viele Mobilfunkmasten / Standorte müssen zusätzlich geschaffen werden, um eine flächendeckende Mobilfunkabdeckung mit a) 4G Mobilfunk und b) 5G Mobilfunk in Stuttgart zu gewährleisten?
- Wem gehört das Breitband-Netz nachdem der Vertrag mit der Telekom im Jahr 2030 ausgelaufen ist?
- Wie sind insbesondere die Besitzverhältnisse des Glasfasernetzes in Gebieten, in denen Telekom und Kommune sich die Kosten (in welchem Verhältnis auch immer) für den Aufbau der Infrastruktur teilen?
- Welche Zugriffsrechte hat die Stadt auf das künftige Stuttgarter Glasfasernetz?
- Hat die Stadt das Recht, das Glasfasernetz im Jahr 2030 von der Telekom zu kaufen?
- Hat die Telekom ein Ewigkeitsrecht auf das von ihr verlegte und finanzierte Glasfasernetz?
- Mit der Unterzeichnung des Vertrags verpflichtet sich die Stadt zu folgendem: „Bei der Verlegung oberirdischer Leitungen sind die Interessen der Wegebaulastträger, der Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze und die städtebaulichen Belange abzuwägen. Grundsätzlich wird die Kommune die Verlegung oberirdischer Leitungen hierbei mit Wohlwollen beurteilen.“ a) In welchem Maße werden in Stuttgart oberirdisch Leitungen verlegt?b) In welchem Maße wird durch diese Vereinbarung die Stadtgestaltung eingeschränkt?
- Stuttgart verpflichtet sich, folgende Unterstützungsleistungen für die Telekom zu erbringen:
- Pauschale Genehmigung für „kleine Baustellen“ (maximal 50 Meter Kabelgräben mit fünf Baugruben),
- Unterstützung bei der Suche von geeigneten Standorten für die Errichtung der Verteilergehäuse und für die Errichtung von Mobilfunkmasten,
- (eigene) Grundstücke werden zur langfristigen Nutzung für Verteilergehäuse und Mobilfunkmasten zur Verfügung gestellt
- Verpflichtung der Stadt, in den Verhandlungen gegenüber Dritten darauf hinzuwirken, dass Flächen für Mobilfunkmasten zur Verfügung gestellt werden
- Gemeinsame Medieninformation
- 4-5 Berichte redaktioneller Art in einer vor Ort bekannten Zeitung
- Bekanntgabe der (Vor)Vermarktung auf der Website der Kommune (mit Verlinkung zur Telekom)
- Auslage von Informationsmaterial der Telekom im Rathaus und bei der Wirtschaftsförderung
- Plattform für Informationsveranstaltungen zum Ausbau für die Einwohner
- Entsendung eines Vertreters der Verwaltungsspitze an mindestens 2 der Informationsveranstaltungen
- Erteilung der Zustimmung für die Aufstellung des Promotion-Truck auf öffentlichen Flächen der Gemeinde
- entgeltliche / marktübliche Bereitstellung von Flächen für Werbeaufsteller/Informationsaufsteller
- Berücksichtigung des Projekts durch die Gemeinde auf dem Auftritt in den sozialen Medien
- Überlassung einer Liste der Eigentümer/Gewerbetreibenden/Hausverwalter (Name und Adresse) der für den Ausbau vorgesehenen Gebäude unter Beachtung der datenschutzrechtlichen Vorgaben
- Unterstützung bei der Zustimmung zum Ausbau (Gebäudeanschluss/Hausnetz) mit ortsansässigen Wohnungsgesellschaften
- Regelmäßige JourFix (Projektbesprechungen) von Vertretern der Telekom und der Kommune mit Baufirmen
- Unterstützung von Maßnahmen der Industrie- und Handelskammer zur Promotion des FTTH-Ausbaus in Gewerbegebieten
- Die Gemeinde wird sämtliche Kommunikationsmaßnahmen vor Veröffentlichung mit der Telekom abstimmen.
- Unterstützung bei der Kommunikation von neuen oder Erweiterungen von bestehenden Mobilfunkstandorten gegenüber Dritten.
Frage: Werden diese Unterstützungsleistungen auch – im Sinne der Wettbewerbsneutralität – anderen Telekommunikationsunternehmen zugestanden, wenn diese in Stuttgart beispielsweise 5G Mobilfunkmasten aufstellen will?
14. Wie ist eine solche Praxis mit der Wettbewerbsneutralität zu vereinbaren?
15. Muss die Telekom sowohl die sogenannten wirtschaftlichen und auch unwirtschaftlichen Gebiete gleichermaßen mit Breitband (Glasfaser) versorgen und können dafür die Kommunen die Planungsvorgaben machen? Oder müssen die Kommunen sogenannte unwirtschaftliche Gebiete selbst finanzieren, entsprechend der finanziellen Forderungen der Telekom?
16. Behalten die Kommunen bei der 4G- und 5G-Versorgung weiter das Recht, unter dem Gesichtspunkt des Schutzes sensibler Orte und der Strahlungsminimierung Mobilfunkstandorte abzulehnen, wenn sie Alternativstandorte vorschlagen? Oder wird in dem Vertrag eine Förderpflicht festgeschrieben, die dieses Recht außer Kraft setzt?
17. Sind die Mietgebühren für die Wettbewerber diskriminierungsfrei und werden sie von einer neutralen Stelle festlegt? Oder hat die Telekom das Monopol, sie alleine festzulegen? Stehen die Daten, die über alle Vorgänge in der Region, z.B. über den Verkehr, sicherheitsrelevante Daten aus Wirtschaft und Wissenschaft, und der private Datenfluss aller Einwohner unter öffentlicher Kontrolle? Oder dürfen die Daten von der Telekom abgespeichert und darf mit den Daten gehandelt werden?
18. Darf das 5G-Netz erst gebaut werden, wenn eine Technikfolgenabschätzung über die gesundheitlichen Risiken der dafür benutzten Frequenzen vorliegt? Auf Grund der Forschungslage, Protesten von Wissenschaftlern und Ärzteverbänden und der fehlenden Technikfolgenabschätzung haben z.B. die Städte Brüssel, Genf und Florenz einen Ausbaustopp verfügt. Oder wird in dem Vertrag der Telekom ein Freibrief für einen unregulierten 5G-Ausbau gegeben?
19. Wird im Vertrag festgelegt, dass bei der zukünftigen Mobilfunkversorgung das Vorsorge-Prinzip eingehalten wird, eine Politik der Strahlenminimierung verfolgt und gesundheitliche Kriterien mitberücksichtigt werden, und können deshalb die Kommunen lokale Ausbaukriterien festlegen? Oder wird den Mobilfunkbetreibern freie Hand gelassen?
- Sind die Stadt Stuttgart und die Region an den Gewinnen des Public-private-Partnership-Projektes beteiligt? Oder hat die Telekom das Einnahmemonopol auf unbestimmte Zeit und wird sogar vom Steuerzahler subventioniert?
- Wurde das Projekt wettbewerberneutral ausgeschrieben und vergeben?
Begründung:
Ein Milliardenprojekt wie der Aufbau einer flächendeckenden Infrastruktur für Breitband, 4G und 5G Mobilfunk kann nicht durch einen geheimen Vertrag hinter verschlossenen Türen heimlich und in einem so engen Zeitkorsett verabschiedet werden. Infrastrukturvorhaben dieser Dimension müssen transparent und nachvollziehbar sein. In der Vergangenheit hat Stuttgart mit dem Verkauf und Rückkauf großer Infrastruktur (Fernwärme, Wassernetz) schlechte Erfahrungen gemacht, insbesondere die Cross-Border-Leasing-Verträge waren weder für Gemeinderät_innen noch für die Bürger_innen transparent oder verständlich. Eine weitere Kooperation mit gewinnorientierten Unternehmen wird langfristig weder für die Bürger_innen noch für die Stadt Stuttgart vorteilhaft sein – zudem wird der Aufbau von Infrastruktur im Sinne der Daseinsvorsorge privatisiert.
Die vorliegenden Vereinbarungen sind teils unvollständig, teils werfen sie Fragen auf, die beantwortet werden müssen, bevor ein solcher Vertrag verabschiedet werden kann. Zudem sind die Hintergründe des Zustandekommens dieses Vertrags nach wie vor unbeantwortet: Anfrage Nr. 22/2019 „Welche Rolle spielt Wolfgang Schuster beim Telekom-Deal mit der Stadt Stuttgart?“ Bevor hier nicht alle Zweifel von unlauterem Lobbyismus beseitigt sind, kann ein verbindlicher Vertrag mit der Telekom vom Gemeinderat nicht verabschiedet werden.