Mehr als 35 000 Unterschriften für mehr Radverkehr in Stuttgart sind ein starkes Zeichen. Mit der Übergabe der Listen an den Oberbürgermeister liegt der Ball jetzt im Feld des Gemeinderats und der Verwaltung. Innerhalb von zwei Monaten muss entschieden werden, ob das Bürgerbegehren zulässig ist. Nach Ansicht des Oberbürgermeisters hat der Gemeinderat bei der Frage der Zulässigkeit kein Ermessensspielraum – wie in einer ersten Stellungnahme zu lesen war. Die Fraktionsgemeinschaft SÖS LINKE PluS fordert die Verwaltung auf, sich nicht hinter formellen Argumentationen zu verstecken, sondern einen konkreten Plan zu erarbeiten, wie die elf Forderungen des Radentscheids zügig realisiert werden können. Stuttgart hat beim Radverkehr einen enormen Aufholbedarf, will es die eigenen Ziele von 20 Prozent Radverkehrsanteil in den nächsten Jahren noch erreichen. Bei der Verteilung der Verkehrsfläche wird deutlich, wie die Kräfteverhältnisse aktuell sind: Dem Autoverkehr stehen 1451 Kilometer Straße zur Verfügung, der Radverkehr muss sich mit zwei Kilometern Fahrradstraße begnügen. Angeblich gibt es 190 Kilometer Radfahrstreifen, die aber vielerorts weder durchgängig noch sicher sind. Im Lichte dieser Zahlen scheint es fast zurückhaltend, dass der Radentscheid jedes Jahr 15 Kilometer sichere Radverkehrsanlagen fordert. Die geschätzten rund 19 Millionen Euro pro Jahr, die es braucht, um den Radentscheid umzusetzen kann die Stadt –angesichts prall gefüllter Kassen – aus der Portokasse bezahlen. Die Kommunalpolitik ist jetzt in der Pflicht, endlich eine soziale und ökologische Verkehrswende anzugehen – der Radverkehr ist Teil der Lösung. Wer das anders sieht, wie CDU, Freie Wähler und AfD Resterampe ist Teil des Problems.