Kahlschlag statt Kunst – Sanctuarium auf dem Pragsattel wurde zerstört

Anlässlich der Internationalen Gartenbau-Ausstellung (IGA) im Jahr 1993 schuf der Künstler Herman de Vries ein Kunstwerk mit dem Namen Sanctuarium (Heiligtum). Innerhalb eines kreisrunden Zauns sollte sich die Natur ungehindert entwickeln können. Eingriffe innerhalb des Zauns waren explizit nicht erwünscht. Auch der Standort am Pragsattel war kein Zufall: Nach Aussagen des Künstlers sollte das Werk in der „giftigen Abgas-Atmosphäre“ inmitten von mehrspurigen Hauptverkehrsadern stehen. Die Natur solle sich „ohne unser Zutun manifestieren“.

Der Gedanke, der Natur den Vorzug vor giftigen Abgasen zu geben, hat an Aktualität nicht verloren, sondern gewonnen. Umso unverständlicher ist es, dass die Verwaltung hier rücksichtslos abgeholzt hat. Die Erklärung der Stadt, man wollte eine „Entwicklung zum Wald“ verhindern scheint, angesichts einer kreisrunden Fläche, deren Durchmesser elf Meter beträgt, geradezu grotesk.

Nicht nur das rücksichtslose Abholzen wirft Fragen auf, auch rechtliche Aspekte gilt es zu klären. Der bekannteste Fall von Zerstörung von Kunstwerken ist wohl die „Fettecke“ von Joseph Beuys, die im Jahr 1986 in der Düsseldorfer Kunstakademie von einer Reinigungskraft versehentlich weggewischt wurde. Ein weiterer Fall von Kunstzerstörung fand im Jahr 2011 statt: Ein Werk des Künstlers Martin Kippenberger wurde ebenfalls von einer Reinigungskraft versehentlich gesäubert – der Schaden lag (laut Versicherungssumme) bei 800 000 Euro. In beiden Fällen handelte es sich um ein Versehen – im Stuttgarter Sanctuarium-Fall dagegen offensichtlich um Vorsatz?

Wir beantragen daher, die Verwaltung berichtet im zuständigen Ausschuss:

  1. Die Stadt erläutert die Beweggründe, warum das Kunstwerk Sanctuarium auf dem Pragsattel abgeholzt und damit zerstört wurde.
  2. Welche rechtlichen Folgen hat die Zerstörung des Kunstwerks? Können Schadensersatzforderungen des Künstlers Herman de Vries auf die Stadt zukommen?
  3. Die Stadt stellt ein Konzept vor, welche Ausgleichsmaßnahmen für die Zerstörung des Kunstwerks geplant ist.

Verfahrenshinweis:

  • 34 Abs. 1 Satz 4 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg heißt es: „Auf Antrag einer Fraktion oder eines Sechstels der Gemeinderäte ist ein Verhandlungsgegenstand auf die Tagesordnung spätestens der übernächsten Sitzung des Gemeinderats zu setzen“. Wir möchten von diesem Recht Gebrauch machen und bitten um fristgerechte Umsetzung. Alternativ kann der Antrag auch in der übernächsten Sitzung des zuständigen Fachausschusses aufgerufen werden.