Das Bahn-Desaster auf der Rheintal-Strecke zwischen Rastatt und Baden-Baden zeigt unweigerlich mögliche Parallelen und Risiken der S-21-Tunnelbaustellen. Hier wie dort gibt es Tunnel-Streckenabschnitte mit wenig Überdeckung. Auch hier wie dort behauptet die Bahn, angeblich „international bewährte Verfahren“ wie die Vereisungsmethode einzusetzen. Hier wie dort bleibt sie den Beleg für die Sicherheit der Methoden schuldig und bürdet das gigantische Risiko der Verfahren der Allgemeinheit auf. Auch in Stuttgart behaupten Bahn, Projektbefürworter und ihr Tunnel-Professor Wittke, mit völlig neuen, aber unerprobten Verfahren alle Risiken des Wassereintritts in Anhydrit-führendem Gestein ausschließen zu können.
„Ist Stuttgart 21 ähnlich wie die Rheintal-Strecke für die Bahn ein Projekt „Bahn forscht“, dessen Risiken Mensch, Umwelt und Fahrgästen aufgebürdet werden?“, fragen die beiden Fraktionsvorsitzenden der Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS Hannes Rockenbauch und Thomas Adler.
Sowohl die Untertunnelung der Rheintalstrecke wie auch die S-21-Tunnelarbeiten galten schon immer als kritisch. Auch in Stuttgart werden Bauarbeiten nur wenige Meter unter der Oberfläche durchgeführt, noch problematischer aber ist der Tunnelbau im Anhydrit. Wasser im Erdreich sollte in Rastatt über Rohre gefroren werden, um stabilisierend zu wirken, das klappte nicht. In Stuttgart wäre dies noch gefährlicher, denn Wassereintritt im Untergrund mit Anhydrit führt zu Aufquellungen mit unabsehbaren Folgen.
Thomas Adler, Fraktionsvorsitzender der Fraktionsgemeinschaft kritisiert Bahn und Politik: „Das Agieren der Bahn ist verantwortungslos, aber noch schlimmer ist das blinde Vertrauen der politischen Vertreter aus Stadt, Land und Bund auf die laut DB AG völlig neuen – aber angeblich zugleich erprobten Tunnelbau-Methoden. Ja was nun? Innovativ oder schon erprobt und bewährt?!“
Der Geologe Dr. Sierig bezeichnete in einem Vortrag das Bauen im Anhydrit in Stuttgart als „Spiel der Ingenieure mit der Erreichbarkeit von Stuttgart“. Tritt Wasser in einem der Tunnel ein, ist Stuttgart nicht mehr mit dem Zug erreichbar. Adler unterstreicht das Risiko des Wassereinbruchs mit einem Zitat aus dem immer noch seitens der Bahn nicht veröffentlichten KPMG-Gutachten: „Die Erfahrung zeigt, dass „Tunnelbau ohne Wasser“ nicht möglich ist. Insofern halten wir es nicht für realistisch, dass das Quellen des Anhydrits mit absoluter Sicherheit vollständig vermieden werden kann.(…) Gemäß dem aktuellen Stand der Wissenschaft gibt es bisher keine gesicherte bautechnische Lösung für den Tunnelbau im Gipskeuper welche die im Ingenieurbau üblichen Anforderungen (…) erfüllen würde.“
Hannes Rockenbauch ergänzt: „In Stuttgart haben wir zudem die besondere Gefahr für und durch die großen Mineralwasservorkommen. Die Risikobewertungen der Gutachter umfassen nur die Risiken während der Bauzeit, aber auch danach bleibt immer die große Gefahr bestehen, dass durch langsam entstehende Risse und Drücke Wassereintritt in den riskanten Untergrund erfolgt. Tunnelsanierungen dauern unabsehbar lang! Der Bahnhof funktioniert nicht, wenn auch nur ein Tunnel saniert werden muss. In Rastatt fällt die wichtigste Nord-Süd-Achse der Bahn komplett aus. Ebenso krass wäre es in Stuttgart: Die Region Stuttgart funktioniert nicht, wenn der Stuttgarter Bahnhof nicht funktioniert. Stadt, Land und Bund müssen endlich eine ökologische Verkehrswende in Angriff nehmen und sich für einen guten Bahnverkehr stark machen, anstatt einen milliardenschweren Rückbau des Bahnhofs in Stuttgart zu unterstützen. Die Verantwortlichen müssen endlich einen Schlussstrich unter S-21 setzen und das zukunftsfähige und weit weniger riskante Alternativkonzept „Umstieg 21“ angehen.“