Dass die Abgasaffäre nicht exklusiv Volkswagen betrifft, war spätestens klar, als unabhängige Tests zeigten, dass Dieselfahrzeuge nahezu aller Hersteller die versprochenen Werte auf der Straße um ein vielfaches überschritten. Dass nun auch Räumlichkeiten von Daimler von der Staatsanwaltschaft durchsucht wurden, sei „wenig überraschend“, merkt der Fraktionsvorsitzende von SÖS LINKE PluS, Hannes Rockenbauch, an. „Wir begrüßen es, dass hier in großem Stil ermittelt wird. Die Stuttgarter_innen haben ein Recht darauf zu erfahren, ob sie jahrelang betrogen wurden und somit ihre Gesundheit wissentlich und vorsätzlich in Gefahr gebracht wurde“, so Rockenbauch weiter. „Aus unserer Sicht geht es hier um Körperverletzung mit Todesfolge und nicht nur um den Verdacht auf Betrug und strafbare Werbung“, so Rockenbauch weiter.
„Auch die Daimler-Mitarbeiter haben ein Recht darauf zu erfahren, was ihr hochbezahltes Spitzenmanagement sie lange Zeit hinters Licht geführt hat“, ergänzt Fraktionssprecher Thomas Adler, der lange Jahre Betriebsrat im Daimler-Werk Untertürkheim war. „Wenn 23 Staatsanwälte und 230 Polizisten elf Standorte gleichzeitig durchsuchen, dann wird deutlich, dass es hier erheblichen Ermittlungsbedarf gibt“, so Adler weiter. „Auch die Käufer_innen haben ein Recht darauf zu erfahren, ob sie ein mangelhaftes Produkt erworben haben“, betont Adler.
„Schon vor über einem Jahr hat das Kraftfahrtbundesamt Zweifel geäußert“, merkt Adler an, ob das Herunterregeln der Abgasreinigung bei niedrigeren Temperaturen wirklich nur mit dem Schutz von Motorbauteilen zu tun habe „unter den betroffenen Fahrzeugen waren auch Mercedes-Modelle, weshalb es jetzt auch folgerichtig ist, dass die Justiz hier Untersuchungen anstellt“, so der ehemalige Betriebsrat weiter.
Wenn man noch weiter zurückblickt, dann hat Mercedes seine sauberen Dieselmotoren oft genug hervorgehoben: Wenige Wochen nach dem Bekanntwerden der VW-Abgasaffäre rühmte sich Daimler, „mehr als ein Jahr vor der obligatorischen Einführung durch den Gesetzgeber“ die Euro-6-Abgasnorm beim Stadtlieferwagen Citan eingehalten zu haben. Dies sei „allein mit innermotorischen Maßnahmen und mit einem NOx-Speicherkatalysator“ zu schaffen, „aufwendige SCR-Technik ist nicht notwendig, deshalb müssen sich Fahrer des Citan künftig auch nicht um den zusätzlichen Betriebsstoff AdBlue kümmern“, hatte Daimler seinerzeit in der Pressemitteilung verdeutlicht.
„Allein das zeigt schon, dass man sich sehr sicher gewesen sein muss im Daimlervorstand, dass es hier nicht zu Ermittlungen kommen würde. Es wird Zeit, dass endlich Licht ins Dunkel gebracht wird“, fordert Thomas Adler.
„Es ist beschämend, dass fast drei Jahre nach Bekanntwerden der VW-Abgasaffäre immer noch viel Unklarheit über das Ausmaß an Gesundheitsgefahren für die Bevölkerung besteht“, sind sich die beiden Fraktionssprecher einig.