Jeder Mensch hat das Recht, sich in der Öffentlichkeit zu bewegen, ohne dass sein Verhalten permanent mit Hilfe von Kameras beobachtet oder aufgezeichnet wird (vgl. Recht auf informationelle Selbstbestimmung, BVerfG). Videoüberwachungsmaßnahmen greifen in schwerwiegender Weise in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen ein und sind nach §20a des Landesdatenschutzgesetzes (s.u.) nur unter engen Voraussetzungen zulässig.
Wir fragen daher:
- In welchem Umfang und an welchen öffentlichen Orten werden in der Stadt Stuttgart durch die Stadt Stuttgart und davon von der IVLZ Videokameras zur Beobachtung des öffentlichen Raums eingesetzt? Welche Straßen und welche Plätze werden dabei erfasst?
Bitte aufschlüsseln nach Standort der Kamera (gerne inklusive geografischer Daten),überwachtes Objekt und Zweck der Videobeobachtung. - Wie viele Kameraattrappen wurden in Stuttgart aufgestellt? Bitte aufschlüsseln nach Standort der Kamera, überwachtem Objekt und Zweck der Videobeobachtung.
- An welchen Standorten wird der öffentliche Raum beobachtet,
a) weil es bereits zu schwerwiegenden Straftaten/Ordnungsmaßnahmen gekommen ist?
Bitte aufschlüsseln nach Art der Straftat.
b) weil beweiskräftige Tatsachen vorliegen, dass es in Zukunft solche geben wird?
Bitte aufschlüsseln nach Art der vermuteten Straftat. - Für welche der Kameras zur Videobeobachtung ist die Stadt Stuttgart bzw. die mehrheitlich im Besitz der Stadt befindlichen Gesellschaften verantwortlich, welche/wie viele Kameras liegen außerhalb ihres Einflussbereichs, z.B. bei Polizei oder Justiz?
- Erfolgt bei der Installation von Beobachtungskameras im öffentlichen Raum durch Polizei oder Justiz eine Absprache mit der Stadt (z.B. den Datenschutzbeauftragten)?
- Wie hoch sind die jährlichen Kosten für die Videobeobachtung in Stuttgart?
- Wenn neue Kameras geplant sind:
a) An welchen Standorten sind diese geplant?
b) Wie hoch sind die geplanten Investitionskosten für die neue Anlagen? - Welche technischen Eigenschaften besitzen die Kameraanlagen? Bitte aufschlüsseln nach Standort der Kamera, Auflösung, Kameratyp (z.B. Dome-Kamera, fest ausgerichtetes System), zentralem (im Gebäude) oder dezentralem (in einer andernorts angesiedelten Zentrale) Beobachtungssystem; Echtzeitbeobachtung oder Aufzeichnung, Tonaufnahmen und softwaregestützter Analyse.
- Wie hoch belaufen sich die Kosten für die Visualisierung der Kamerastandorte in einer online zu veröffentlichen Karte?
- Werden die Videos aufgezeichnet? Wenn ja, nach welchem Zeitraum werden die Aufnahmen gelöscht?
- Wie viele Personen haben Zugriff auf die Daten der Videobeobachtung?
- Wie wird die Sachkunde der involvierten Personen beim Datenschutz gewährleistet? Bitte benennen Sie die Art der Ausbildung / Einweisung und die Einrichtung, welche die Ausbildung oder Einweisung durchführt.
- Wie viele Straftaten konnten im letzten Jahr durch die von der Stadt betriebenen Videokameras aufgeklärt werden?
Wir bitten um schriftliche Beantwortung.
Als Hintergrundinformation Auszug aus dem Landesdatenschutzgesetz:
- 20a Videobeobachtung und Videoaufzeichnung
(Videoüberwachung)
(1) Mit Hilfe optisch-elektronischer Einrichtungen dürfen personenbezogene Daten erhoben werden (Videobeobachtung), wenn dies im Rahmen der Erfüllung öffentlicher Aufgaben oder in Ausübung des Hausrechts erforderlich ist,
um Leben, Gesundheit, Freiheit oder Eigentum von Personen, die sich in öffentlichen Einrichtungen, öffentlichen Verkehrsmitteln, Amtsgebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen öffentlicher Stellen oder in deren unmittelbarer Nähe aufhalten, oder
um Kulturgüter, öffentliche Einrichtungen, öffentliche Verkehrsmittel, Amtsgebäude oder sonstige bauliche Anlagen öffentlicher Stellen sowie die dort oder in deren unmittelbarer Nähe befindlichen Sachen
zu schützen, insbesondere die Begehung von Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Bedeutung oder Straftaten zu verhindern oder deren Verfolgung oder die Geltendmachung von Rechtsansprüchen zu ermöglichen. Die Videobeobachtung ist nur zulässig, wenn
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die in Satz 1 genannten Rechtsgüter, Einrichtungen oder Objekte gefährdet sind und
keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen.
(2) Die Videobeobachtung und die erhebende Stelle sind durch geeignete Maßnahmen erkennbar zu machen.
(3) Die Speicherung (Videoaufzeichnung), Übermittlung und Nutzung der nach Absatz 1 erhobenen Daten ist zulässig, soweit sie zum Erreichen des verfolgten Zwecks erforderlich ist und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass überwiegende schutzwürdige Interessen der Betroffenen beeinträchtigt werden. Für einen anderen Zweck dürfen die Daten nur verarbeitet werden, soweit dies zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Bedeutung oder von Straftaten erforderlich ist.
(4) Werden durch Videoüberwachung erhobene Daten einer bestimmten Person zugeordnet, ist diese über die Tatsache der Speicherung zu benachrichtigen. § 14 Abs. 2 und 3 findet entsprechende Anwendung.
(5) Die Videoaufzeichnungen und daraus gefertigte oder sich auf die Videoüberwachung beziehende Unterlagen sind unverzüglich, spätestens jedoch vier Wochen nach der Datenerhebung zu löschen, soweit sie nicht zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Bedeutung oder von Straftaten oder zur Geltendmachung von Rechtsansprüchen benötigt werden.
(6) Der erstmalige Einsatz optisch-elektronischer Einrichtungen bedarf der vorherigen schriftlichen Freigabe durch die verantwortliche Stelle. Die schriftliche Freigabe hat folgende Angaben und Begründungen zu enthalten: Zweck der Videoüberwachung, Darlegung der Erforderlichkeit der Videobeobachtung und gegebenenfalls der Videoaufzeichnung, insbesondere auch in Bezug auf die räumliche Ausdehnung und den zeitlichen Umfang, Tatsachen im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1, eine Abwägung mit den Interessen der Betroffenen, Maßnahmen nach Absatz 2, Namen der zugriffsberechtigten Personen und vorgesehene Datennutzungen und Übermittlungen, Zeitpunkt der Löschung und gegebenenfalls Fristen für die Prüfung der Löschung sowie die hierfür maßgeblichen Erwägungen und technische und organisatorische Maßnahmen nach § 9.
Ist ein behördlicher Datenschutzbeauftragter bestellt, ist diesem der Entwurf der schriftlichen Freigabe zur Prüfung zuzuleiten. Für Änderungen des Verfahrens gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend.