Dass die Sanierung der Stuttgarter Oper notwendig und überfällig ist, muss eingangs festgestellt werden. Was allerdings fehlt, ist eine grundlegende Debatte über die Kulturpolitik in Stuttgart. „Jahrelang beschließen wir nur einzelne große Bau-Projekte, ohne eine große Linie zu verfolgen“, kritisiert der Fraktionsvorsitzende von SÖS LINKE PluS, Hannes Rockenbauch, die Planlosigkeit im Kulturressort. „In dem Format Kultur im Dialog haben wir in Zusammenarbeit mit den Kulturschaffenden schon vor Jahren Leitlinien für die Kulturpolitik in Stuttgart erarbeitet. Auf diese Ergebnisse wird keine Rücksicht genommen“, ruft Rockenbauch den Austausch zwischen Kultur und Politik in Erinnerung.
Die kulturpolitische Sprecherin der Fraktionsgemeinschaft, Guntrun Müller-Enßlin (SÖS) konkretisiert die Kritik am Beispiel des Verwaltungsrats der Oper. Als Mitglied dieses Gremiums bekomme sie keine einzige Zahl über die Kosten von Einzelposten bei der Sanierung und Erweiterung. „Wenn ich beispielsweise nachfrage, wie hoch die Kosten für die Kreuzbühne sein
werden, bekomme ich keine Auskunft. Den Beschluss, dass wir die Kreuzbühne haben wollen, fassen wir im Verwaltungsrat aber trotzdem – und tappen im Dunkeln, welche Zahlen damit verbunden sind“, fasst Müller-Enßlin die Vorgehensweise im Opernbeirat zusammen. „Ich habe Sorge, dass wir im Verwaltungsrat auf die genannte Weise einem Einzelposten nach dem anderen zustimmen, ohne darüber Bescheid zu wissen, was er kostet. Am Ende bekommen wir eine Gesamtsumme präsentiert und fallen aus allen Wolken, dass es so teuer ist“, kritisiert Müller-Enßlin die mangelnde Transparenz. Bei derart hohen Ausgaben sei es einerseits wichtig, dass man die Spannweite von 300 bis 600 Millionen Euro Gesamtkosten etwas verkleinere im Sinne der Planbarkeit. Auf der anderen Seite müsse endlich eine Grundsatzdiskussion über die Kulturpolitik in Gang kommen, bei der die Kulturschaffenden nicht nur zu Wort kämen, sondern aktiv eingebunden werden. „Ein Bündnis für Kultur oder einen neuerlichen Kulturdialog sollten wir jetzt in Gang bringen. Dann können wir auch eine konzeptionelle Diskussion über die künftige Oper führen, die bei den anstehenden Bauvorhaben Berücksichtigung findet“, fordert die kulturpolitische Sprecherin der Fraktionsgemeinschaft. „Geplant ist beispielsweise ein weiterer Veranstaltungssaal für Diskussionen und Empfänge, der Platz für 300 Personen bietet. Da stellt sich die Frage, für wen erweitern wir? Tun wir es, um den Kulturschaffenden bessere Arbeitsbedingungen zu ermöglichen oder zu Repräsentationszwecken? Ich finde es wichtig, dass wir vor einer Investitionsentscheidung darüber reden“, beschreibt Müller-Enßlin die Notwendigkeit einer breiten Diskussion exemplarisch an einem Teil des Erweiterungskonzepts für die Oper.