I. Zusätzliche Flucht- und Rettungswege Tiefbahnsteighalle
Die Deutsche Bahn muss zur Sicherstellung ausreichender Flucht- und Rettungswege aus der geplanten Tiefbahnsteighalle S-21 zusätzliche Fluchttreppen vorsehen. Hierzu wurden insgesamt acht Fluchttreppenhäuser, zwei auf jedem Bahnsteig, mit Ausstieg über – selbsttätig im Brandfall sich öffnende – Falltüren auf den Straßburger Platz oberhalb der Tiefbahnsteighalle, als 6. Planänderung beantragt und im April vergangenen Jahres vom EBA so planfestgestellt.
Der künftige Straßburger Platz auf dem Dach der Tiefbahnsteighalle S-21 ist öffentlicher Raum und für jedermann betretbar. Auf dem Platz sind 28 große „Lichtaugen“ vorgesehen, die mit Rauch-Abzugsklappen versehen werden, über die im Brandfall der Rauch aus der Tiefbahnsteighalle austreten soll. Dabei darf es nicht zur Gefährdung von Passanten auf dem Straßburger Platz durch austretenden Rauch kommen. Ebensowenig dürfen die Ausstiegsbereiche der Fluchttreppen verrauchen.
Eine wesentliche Forderung der Stuttgarter Brandschutzdirektion an das von der DB vorgelegte Brandschutzkonzept von BKP (Brandschutz Klingsch & Partner) vom 8.3.2014 ist der Nachweis der Rauchfreihaltung des Straßburger Platzes.
Mit Schreiben v. 23.10.2014 hatte der Brandschutz-Beauftragte der DB AG, Herr Bieger, dem Eisenbahn-Bundesamtes hierzu folgendes mitgeteilt:
„Zur Nachweisführung bzgl. einer Rauchbeeinträchtigung des Straßburger Platzes wurde das Gutachten BKP-G 058/2014 vom 30.7.2014 erstellt, in dem der rechnerische Nachweis einer weitestgehenden auszuschließenden Rauchgefährdung aufgrund seitenwindbedingter Rauchstrahlauflösung geführt wurde.“
Dieses lediglich 4 ½ Seiten umfassende Gutachten des Prof. Dr.Ing. Klingsch leistet nicht den geforderten Nachweis, dass Gefährdungen durch Rauch „weitestgehend“ auszuschließen sind.
Wir fragen:
1. Liegt das „Gutachten“ BKP-G 058/2014 v. 30.07.2014 der Stuttgarter Branddirektion vor?
2. Hat die Branddirektion dieses Gutachten auf Plausibilität überprüfen lassen? Wenn nein, warum nicht?
3. Wenn ja, von wem und mit welchem Ergebnis?
Wir beantragen:
4. Die Veröffentlichung der Prüfungsdokumente, die der Beurteilung des o.g. Gutachtens zugrunde liegen.
5. Dass die Einhausungen der Fluchttreppen aus brandfestem Glas bestehen müssen. Die bisher geplanten Einhausungen bestehen laut Brandschutz-Gutachten BKP-G 058/2014 v. 30.07.2014 nicht aus brandfestem Glas!
Wir fragen:
6. Gewährleistet diese Anordnung der Fluchttreppen und ihrer Ausstiege in die verrauchungsgefährdeten Bereiche des Straßburger Platzes aus Sicht der Branddirektion eine gefährdungsfreie Entfluchtung?
7. Hat die Branddirektion gegenüber dem Eisenbahn-Bundesamt dieser Planung zugestimmt?
8. Ist aus Sicht der Branddirektion ein Rettungs- und Brandbekämpfungs-Einsatz, wie vorgesehen vom Straßburger Platz aus, ohne Erschwernis (d.h. ohne Atemschutz und nicht gegen den Strom der heraufdrängenden Flüchtenden), möglich, wenn dieser in den maßgeblichen Bereichen verraucht?
9. Wie soll die „windabhängige Ansteuerung der Rauch-Abzugsklappen“ in den Lichtaugen wirken, um unterschiedlichen Seitenwind-Einfall auszugleichen?
10. Wie soll sichergestellt werden, dass der Straßburger Platz im Ereignisfall rechtzeitig vor dem Öffnen der Brandschutzklappen von allen Passanten geräumt wird, um so Rauch-Vergiftungen zu vermeiden und das Öffnen der Falltüren für die Notausstiege der Fluchttreppen zu ermöglichen?
Eine sichere Rauchfreihaltung des Straßburger Platzes und der angrenzenden öffentlichen Anlagen auf dem Wall über der Tiefbahnsteighalle ist nur möglich mit mehreren mind. 20 m hohen Rauchabzugsschächten und darin eingebauten Rauch-Abzugsgebläsen.
Die Lichtaugen müssen im Brandfall geschlossen bleiben; eine Rauchfreihaltung des Platzes kann über diese nicht sichergestellt werden.
11. Stimmt die Stadt Stuttgart einer solchen städtebaulich stark veränderten Gestaltung des Straßburger Platzes und der Wall-Anlagen zu?
12. Wird die DB als Vorhabensträger eine entsprechende Planänderung beantragen?
II. Verschiebung der Fluchttreppen an die Bahnsteigenden
Die DB PB S-U hat öffentlich gemacht, dass die genehmigten Fluchttreppen an die Bahnsteig-Enden verschoben werden sollen. Die STZ (2.11.2015) hat, darauf basierend, einen Übersichtsplan der DB mit der vorgesehenen neuen Lage der Fluchttreppen veröffentlicht ( siehe Anlage).
Daraus geht hervor, dass die Fluchttreppen am jeweiligen Bahnsteigende über Zugangstüren in den angrenzenden schmalen Zwischenraum zwischen den Tragwänden der einzelnen Gleistunnel verlegt werden und oberhalb der Tunneldecke in einen Fluchttunnel mit gemeinsamen Ausgang ins Freie geführt werden sollen.
Im Nordkopf ist der Ausstieg unmittelbar neben der Heilbronner Straße unterhalb des LBBW-Gebäudes vorgesehen. Im Südkopf soll dieser Fluchttunnel in den dafür zu vergrößernden Ausgang zur Staatsgalerie führen.
An dieser Lösungsvariante sind erhebliche Risiken für die Entfluchtung im Brandfall erkennbar:
– Die Fluchtwege verlängern sich erheblich, damit auch die Räumzeiten der Tiefbahnsteighalle
– Der Zugang zu den neuen Fluchttreppen führt an den vorgesehenen Haupttreppen vorbei und verursacht so Stau-Bildung und gegenseitige Behinderung der Flüchtenden.
– Die planfestgestellten Flucht- und Rettungswege aus den Zulauftunneln sowohl im Nordkopf als auch im Südkopf, die über eben diese Zwischenräume und Zugangstüren auf die Bahnsteige führen sollen, sind dadurch nicht mehr möglich, denn sie werden von den hierhin verschobenen Fluchttreppen versperrt. Damit ist eine Änderung der Flucht- und Rettungswege der Tunnel notwendig.
– Auf Bahnsteig 3 ist am Südende überhaupt keine Fluchttreppe vorgesehen und auch nicht möglich, weil diese den vorgesehenen Durchgang vom Steg C zum Ausgang Staatsgalerie versperren würde.
Bei einem schweren Brandereignis unterhalb von Steg A oder Steg C sind dann nicht nur die jeweiligen Haupttreppen zum Steg unbenutzbar, sondern zusätzlich auch noch die dahinter liegenden Fluchttreppen. (siehe hierzu Anlage aus Stuttgarter Zeitung vom 2.11.2015)
Diese Lösungsvariante erfüllt ebenfalls nicht die Anforderungen, die an eine sichere Räumung gestellt werden müssen.
Wir beantragen:
12. Brandschutzdirektion und Bahn sollen darlegen, wie sich im Ereignisfall die betroffenen Reisenden auf Bahnsteig 3 rechtzeitig in Sicherheit bringen können.
13. Brandschutzdirektion und Bahn sollen darlegen, wie die Einsatzkräfte der Feuerwehr gegen den Strom der Flüchtenden in die Tiefbahnsteighalle gelangen werden.
Wir fragen:
14. Haben Stadtverwaltung und Branddirektion dieser Planänderung zugestimmt oder wollen dem so zustimmen?
15. Welche Änderungen, Anpassungen und Verbesserungen wollen Stadtverwaltung und Branddirektion fordern, um o.g. Gefährdungspotentiale auszuschließen und eine sichere Entfluchtung zu gewährleisten?
Wir beantragen die Beantwortung der oben gestellten Fragen im UTA am 16.2.2016.
Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS