Veranstaltung am Mittwoch, 18.11.2015 in der Bürgeretage in Feuerbach
Freunde und Unterstützer der Fraktion SÖS-LINKE-PluS aus den nördlichen Stadtbezirken hatten zur Veranstaltung „Wohnraum in Stuttgart – FÜR ALLE“ eingeladen! Als Referenten zum Thema Wohnpolitik sprachen Hannes Rockenbauch, Stadtrat und Kandidat der Linken zur Landtagswahl, und Reiner Hofmann, Kandidat der Linken zur Landtagswahl im Wahlkreis nördliche Stadtbezirke. Die anwesenden Bezirksbeiräte leiteten mit einer kurzen Darstellung der Wohnraumsituation in ihren Stadtbezirken die Veranstaltung ein. Klar kam zum Ausdruck: Es fehlt an Wohnraum für Bezieher mittlerer und niedriger Einkommen, für Studenten und für Alleinerziehende. Der Zuzug von 8.000 Flüchtlingen dieses Jahr nach Stuttgart bringt den Notstand an sozial geförderten Wohnraum noch mehr ans Tageslicht. Gebaut werden Wohnungen im hohen Preissegment, auch von der SWSG (Städtische Wohnungs- und Städtebaugesellschaft). Von den Bezirksbeiräten waren anwesend Susanne Bödecker und Pablo Alderete aus Zuffenhausen, Ellen Breitling aus Stammheim, Jürgen Klaffke aus Stuttgart Nord, Roland Saur und Jürgen Frank aus Feuerbach.
In Feuerbach muss man im neu gebauten Maybach-Areal an der Alarichstraße für eine Ein-Zimmer-Wohnung eine Kaltmiete von 1.500 € zahlen. Die Miete für eine 4-Zimmer-Wohnung beträgt 2.500 €. Im Schoch-Areal am Feuerbacher Bahnhof sind 120 Wohnungen geplant. Für die Sanierung des verseuchten Bodens veranschlagt die Stadt 19,7 Mio €. Der Plan von OB Kuhn war, Wohnungsbaugenossenschaften zu gewinnen, damit sie mehr sozial geförderten Wohnraum auf diesem Gelände schaffen. Dafür war die Stadt bereit, den Kaufpreis für Grund und Boden um 45 % zu senken. Aber: Die Baugenossenschaften haben abgelehnt! Warum nutzt die Stadtverwaltung nicht diese einmalige Chance, das Areal in städtischem Eigentum zu behalten und selber Wohnraumpolitik zu gestalten?
Zuffenhausen: Der Stadtteil Zazenhausen hat neben seinem dörflichen Charakter mit dem Neubaugebiet Hohlgrabenäcker ein 2.Gesicht bekommen. Junge Familien wurden angelockt und sind gekommen, aber der Bezirksbeirat muss sich oft mit den Folgen der vergessenen Infrastruktur beschäftigen: Keine Einkaufsmöglichkeit (vorgesehener Ladenraum zu klein und ungeeignet), zu wenig Kita- und Schulplätze, minimalster ÖPNV-Anschluss. Der Stadtteil Rot besteht zum größten Teil aus Wohnblocks von Wohnbaugenossenschaften, günstiger Wohnraum bleibt so weitgehend erhalten. Die SWSG lässt aber, wie auch in Zuffenhausen selbst, einige ihrer Gebäude so verwahrlosen, dass außer Abriss keine Alternative mehr bleibt. Die Mieter dürfen in die neugebauten Häuser wieder einziehen, können sich aber die Mieten oft nicht mehr leisten.
2003 entstand das Neubaugebiet „Im Raiser“ mit 990 Einwohnern, z.Zt. baut die SWSG entlang der Straße „Roter Stich“ auf ehemaligem US-Militär-Gelände, nur zu einem kleinen Teil auch Mietwohnungen.
In Zuffenhausen werden Sozialwohnungen meistens an stark befahrenen Straßen verwirklicht, wo Wohnen aufgrund der Gesundheitsgefährdung eigentlich verboten sein müsste. Flüchtlinge werden jetzt auch in 30 Wohnungen der SWSG einziehen, die seit Ende September leer stehen, weil sie modernisiert werden sollten. Den Mietern wurde versprochen, sie dürften in einem Jahr wieder einziehen. Nun werden aber die Flüchtlinge mindestens 2 Jahre dort leben, erst danach erfolgt die Modernisierung.
In ihren Vorträgen gingen Hannes Rockenbauch und Reiner Hofmann auf die Situation in Stuttgart und auf die Rolle des Landes ein. Hannes Rockenbauch merkte an, dass die Stadt Daseinsvorsorge leisten und nicht den städtischen Grund und Boden den Bodenspekulanten überlassen dürfe. Wohnen sei ein Menschenrecht. Das einzige, was den anderen Fraktionen im Gemeinderat einfalle, sei eine Art Public-Private-Partnership. Weiter setze die Stadt auf Verkauf von städtischem Boden, anders als zum Beispiel Ulm. Dort werde seit 100 Jahren städtischer Grunderwerb getätigt.
Reiner Hofmann forderte Mietpreisstopp bei der städtischen Wohnungsbaugesellschaft SWSG. Für neue SWSG Wohnungen in Stuttgart Rot und Zuffenhausen werde eine Miete von 11€/Quadratmeter verlangt. Die Stadt müsse eine Mietpreisobergrenze festlegen. Das Land habe sich aus der sozialen Förderung ganz zurückgezogen. Mit der Übertragung von Sanierungskosten und energetischen Maßnahmen auf die Mieten werde viel Geld verdient, da die hohen Mieten nach Ausgleich der Maßnahmen nicht mehr zurück genommen werden.
In der anschließenden Diskussion, die bis 21:30 Uhr ging, gab es viele Fragen zum Baurecht, zum neuen Konzeptvergabeverfahren der Stadt, es ging um die hohen Zahlungen der Stadt für Stuttgart 21, um den Leerstand von bestehenden Wohnungen und um Möglichkeiten,Wohnungen durch den Ausbau von Dachgeschossen zu schaffen. Damit wir wirklich eine Umkehr der städtischen Wohnpolitik erreichen könnten, müssen wir vor Ort den Druck aufbauen. Die anderen Fraktionen im Gemeinderat setzen weiter auf den Verkauf von städtischem Boden und auf den guten Willen bei den Investoren.