Wir begrüßen die in Stuttgart praktizierte Willkommenskultur für Flüchtlinge, die von vielen ehrenamtlichen Bürger_innen wie auch von den professionell Tätigen in Sozialunternehmen, Einrichtungen und der Stadt Stuttgart gelebt wird.
Eine geglückte und nachhaltige Integration der Flüchtlinge setzt bekanntermaßen mehr als deren (vorläufige) Unterbringung voraus. Neben Wohnraum sind Sprache/Bildung sowie Arbeit die wesentlichen Säulen, für die Eingliederung in unsere Gesellschaft.
Viele Ämter und Einrichtungen sehen sich im Jahr 2016 aufgrund der in den letzten Wochen sehr stark erhöhten Flüchtlingszahlen höheren und z.T. auch neuen Anforderungen gegenüber. Um diesen Herausforderungen adäquat zu begegnen, müssen zusätzliche Stellen geschaffen werden. Der diesbezügliche Aufwand ist unseres Wissens bisher nicht in den Entwurf des Haushalts eingeplant, da die Stellenanträge der Ämter vor dem drastischen Anstieg der Flüchtlingszahlen im August und September entstanden waren. Die Kosten hierfür müssen – angesichts der bevorstehenden Haushaltsberatungen – schon jetzt in den Etat eingeplant werden. Eine frühzeitige Unterstützung der Flüchtlinge fördert deren rasche Integration auch auf dem Arbeitsmarkt. Dies wird auch dem städtischen Haushalt langfristig zu Gute kommen, weil die Flüchtlinge dann umso schneller finanziell unabhängig von staatlichen Leistungen werden. Frühzeitige Planung ist daher wichtig.
Der Personalrat des Jobcenters hat in vorbildlicher Weise in seiner „Stellungnahme zum Sonderbedarf Flüchtlingszuwanderung“ vom 14.9.2016 eine fundierte Abschätzung gemacht:
Für das Jahr 2016 müssen hier sukzessiv ca. 60 neue Planstellen geschaffen werden, um den zusätzlichen Arbeitsaufwand bewältigen zu können. Das Jobcenter geht auf Basis von Schätzungen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) von „ca. 3000 bis 3200 Bedarfsgemeinschaften und 3800 bis 4000 erwerbsfähigen Leistungsberechtigten zusätzlich im Laufe des nächsten Jahres“ aus. Unter Zugrundelegung des Fallschlüssels vom BMAS, „ergibt sich ein zusätzlicher Stellenbedarf von ca. 26 persönlichen AnsprechpartnerInnen und 23 LeistungsgewährerInnen.“ Hinzu kommen fehlende 5,75 Stellen aus dem laufenden Jahr 2015.
Der Personalrat des Jobcenters weist zudem auf das Erfordernis hin, dass mit der Schaffung neuer Stellen zusätzlicher Raumbedarf entsteht sowie eine entsprechende Ausstattung mit Hard- und Software nötig ist. Angesichts knapper Fachkräfte auf dem hiesigen Arbeitsmarkt mahnt er auch an, zeitnah mit der Suche nach geeigneten Bewerber_innen für das Jobcenter Stuttgart beginnen zu dürfen, um sich im Wettbewerb mit den benachbarten Städten der Metropolregion behaupten zu können und nicht zu spät in den Personalrekrutierungs- und Einarbeitungsprozess einzusteigen.
Wir halten es für dringend geboten, ein vergleichbar planvolles Vorgehen auch für alle anderen betroffenen Ämter und Einrichtungen der Stadt zu übernehmen.
Wir fragen daher:
- Sind inzwischen alle im Haushaltsplan 2014/2015 bewilligten Stellen in den Ämtern – unabhängig vom Flüchtlingsthema – besetzt worden?
- Ist die Einrichtung einer ämterübergreifenden Koordinierungsstelle für Flüchtlinge vorgesehen?
- Welche Ämter und Einrichtungen werden im kommenden Jahr aufgrund neu ankommender und bleibender Flüchtlinge betroffen sein?
- Von welchen Ämtern gibt es Abschätzungen zu zukünftig höherem Personalaufwand durch schwierige Arbeitssituationen.
- In welchen Ämtern besteht kein „Automatismus“ i.S. von Stellenplanerhöhungen durch vorgegebene Stellenschlüssel in Bezug auf Flüchtlingszahlen?
- Von welchen Ämter(n) gibt es bereits Abschätzungen zu zukünftig vermehrtem Arbeitsaufwand, vermittelt durch steigende Flüchtlingszahlen?
- Welche räumlichen Potentiale bestehen für die Einrichtung neuer Stellen?
- In welchem Umfang sind in diesem Betrag Stellenanträge von betroffenen Ämtern – auf Basis der aktuellen Hochrechnungen der Flüchtlingszahlen – enthalten?
Wir beantragen:
- Eine detaillierte Aufschlüsselung für jedes Amt, in denen Stellenbesetzungen des letzten Haushaltsplans bis dato nicht vorgenommen wurden, inklusive der Gründe für die Nichtbesetzung.
- Das Referat WFB fordert die Amtsleitungen auf, Mindest- und Höchst-Zahlen für erforderliche Planstellen aufgrund der Flüchtlingszahlen zu nennen.
- Eine tabellarische Übersicht über Schätzungen zum zusätzlichen Personalbedarf für das Jahr 2016/17 für alle betroffenen städtischen Ämter/Einrichtungen. Dabei werden Höchst- und Mindestzahlen genannt, die auf Basis der aktuell prognostizierten Flüchtlingszahlen in Abhängigkeit von best- und worst-case-Szenarien errechnet werden. Es sind die entsprechenden Prognosen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge bzw. des Bundesinnenministeriums auf Stuttgart herunter zu brechen.
- Eine grobe Kostenabschätzung über die damit einhergehenden Aufwendungen für Arbeitsplatzausstattungen inklusive Mobiliar und Hard- und Software.Wir begrüßen die in Stuttgart praktizierte Willkommenskultur für Flüchtlinge, die von vielen ehrenamtlichen Bürger_innen und professionell Tätigen in Sozialunternehmen, Einrichtungen und der Stadt Stuttgart gelebt wird.
- Berichterstattung zu den Anfragen und Anträgen im SGA bis spätestens in der Sitzung am 30.11.2015, damit die Erkenntnisse in die ganztägigen Stellenplanberatungen am 9./10.12. einfließen können.
Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS