Ein Paradies für zu Fuß Gehende und Radfahrende mit optimaler Anbindung an den ÖPNV im Herzen der Stadt
Wie wollen wir in unserer Stadt in Zukunft leben? Welche Maßnahmen fördern das Wohlbefinden und die Gesundheit der Menschen, ein lebenswertes Wohnumfeld für alle Stadtbewohner_innen? Was ist notwendig, um Stuttgarts Entwicklung nach menschlichem Maß, also der Vision einer lebendigen, sicheren, nachhaltigen und gesunden Stadt, auszurichten? Entscheidend ist, ob sich Wege und Plätze durch hohe Aufenthaltsqualität auszeichnen, Begegnungsräume entstehen und das soziale Miteinander dorthin zurückkehrt. Eine Stadt muss Raum haben für vielfältige Bedürfnisse. Die Entscheidung, ob und wie das geschehen soll, steht der Bürgerschaft zu, schließlich geht es um die Gestaltung des öffentlichen Raums. Direkte Demokratie, Mitgestaltung und eine lebendige Debatte in der Stadtgesellschaft sind die Instrumente, mit denen die Idee einer erweiterten Fußgängerzone umgesetzt werden soll. Zusammen wollen wir mehr Stadt wagen.
Seit Jahrzehnten wird die fußgängerfreundliche Gestaltung des öffentlichen Raums sträflich vernachlässigt. Lärm, Luftschadstoffe, beengte Fußwege, zerstörte Pflaster, überbreite Fahrbahnen, unzählige Barrieren, verödete Straßenschluchten in denen sich die tägliche Blechlawine aufstaut, all das schafft lebensfeindliche Orte, an denen Menschen sich unwohl und unsicher fühlen, Orte die sie meiden. Und das, obwohl Stuttgart 1953 wegweisend die erste Fußgängerzone Deutschlands in der Schulstraße begründete. Mit der Umgestaltung der Königstraße zu einer Fußgängerzone durch Günther Behnisch bis Anfang der 1970er Jahre wurde einer der bundesweit bedeutendsten Flaniermeilen Leben eingehaucht. Seither sind jedoch keine durchgreifend erfolgreichen Weiterentwicklungen vollzogen worden.
An diesem Punkt setzen wir an. Wir wollen den Stillstand in der Stadtentwicklung durch ein breites, überparteiliches Bündnis gesellschaftlicher Gruppen überwinden. Alle beteiligten Bündnispartner haben den Mehrwert in dieser Kampagne erkannt. Gemeinsam bündeln wir unsere Kräfte, um die Blockade in der Stadtentwicklung zu überwinden und Stuttgart zu einer Stadt nach menschlichem Maß umzugestalten. Wir wollen Gutes bewahren und mehren.
Unser Ziel ist es, im Mai 2017 ein Bürgerbegehren zu initiieren, mit der Forderung einer Ausweitung der Fußgängerzone in den Grenzen des zukünftigen Cityrings, also dem Gebiet zwischen den Bundesstraßen Konrad-Adenauer-Straße/ Hauptstätter Straße (B14), Theodor-Heuss-Straße/Heilbronner Straße (B27/B27a), der Paulinenstraße/-Brücke und der Wolframstraße (neue Ostspange). Zentral sind dabei der Rückbau der Schillerstraße und die Zusammenführung von oberem und mittlerem Schlossgarten als intaktes grünes Band bis zum Akademiegarten und dem Schlossplatz. Die Fahrgeschwindigkeit auf dem neuen Cityring soll in einem ersten Schritt Tempo 30 werden.
Denn hier, im mittelalterlichen Stadtkern, soll eine Initialzündung für mehr lebenswerte Räume stattfinden. Ein erster Funke, der Kreativität in allen Bezirken der Stadt entfacht und die Debatte um eine fußgänger- und radfahrerfreundliche, eine kinderfreundliche, eine barrierearme Stadtentwicklung mit urbanen Qualitäten beflügelt.
Unser Ziel:
Innerhalb des Stuttgarter Cityrings soll das gesamte Straßennetz in eine Fußgängerzone umgewidmet werden.
Dabei wird es folgende Sonderregelungen geben:
- Die bisherigen Zu- und Durchfahrten für SSB-Busse (Rotebühlstraße, Schlossplatz, Schillerstraße) sind essentiell wichtig und bleiben erhalten. Somit ändert sich für den ÖPNV an den wichtigen Knotenpunkten nichts. Auch für Taxen wird es künftig Haltepunkte geben. Die City bleibt nach wie vor hervorragend an den Umweltverbund angebunden, Konflikte mit dem Kfz-Verkehr reduzieren sich, der
Zugang zum Hauptbahnhof für Radler und Fußgänger wird deutlich attraktiver gestaltet.
- Mit dem Radverkehrskonzept City wird es Bereiche geben, in denen die Radfahrenden unter sich sind, die zu Fuß Gehenden unter sich sind, und welche, in denen gegenseitig Rücksicht genommen wird. Das Konzept gewährleistet, dass Radfahrende schnell und sicher durch das Stadtzentrum gelangen. Dies nicht nur auf den bereits freigegebenen Wegen, sondern in deutlich erweitertem Maß. Die vorhandenen wie geplanten Hauptradrouten werden einbezogen. Bestehende Parkdecks dienen als Parkmöglichkeiten für Fahrräder. Für das schnelle Abstellen gibt es an vielen Orten Abstellbügel unter freiem Himmel.
- Der Lieferverkehr für den innerstädtischen Handel wird auch weiterhin gewährleistet. Jedoch werden die bestehenden Lieferzeiten künftig konsequent kontrolliert. Zudem streben wir die schrittweise Umsetzung eines Lieferverkehrskonzeptes City an, um mittels Mikrodepots und elektrifizierter Lastenräder den verbrennungsmotorbasierten und schweren Lieferverkehr deutlich zu reduzieren.
- Alle oberirdischen Parkplätze für PKW und LKW werden im Zuge der Umwidmung zur Fußgängerzone umgewandelt. Breitere Gehwege, erweiterte Grünflächen, neue Stadtbäume, Stadtoasen, Kinderspielplätze, Urban Gardening, Straßencafés, Orte des freien kulturellen Austauschs – die Bürger_innen sollen entscheiden, was mit den freiwerdenden Flächen passiert. Neben einer Bürgerbeteiligung wollen wir eine Jugend- und Kinderbeteiligung, um sicher zu stellen, dass möglichst viele unsere Stadt nach menschlichem Maß nach ihren Bedürfnissen mitgestalten und die Identifikation mit dem neuen „Wohnzimmer“ der Stadtgesellschaft hoch ist.
- Das Parkhauskonzept City sieht eine Umnutzung und städtebauliche Neuordnung der frei werdenden Stellplatz-Flächen vor. Teile der Flächen sollen als Fahrradparkhäuser genutzt werden, andere Teile als Lagerflächen für den Warenaustausch der Innenstadthändler. An oberirdischen Parkdecks sollen gemischte Wohn- und Gewerbequartiere neu entstehen. Die Parkhäuser, die direkt über den Cityring erreichbar sind, bleiben erhalten.
Die Ausgangslage:
Junge Menschen in Stuttgart fahren kaum noch mit dem Auto zur Arbeit oder zur Ausbildung – diese Erkenntnis zeigt die aktuelle Bürgerumfrage. Die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) wird bei jungen Stuttgarter_innen immer beliebter: Waren es im Jahr 2005 noch 59 Prozent, die den Weg zu Arbeit oder Ausbildung mit dem ÖPNV zurücklegten, sind es zehn Jahre später schon satte 78 Prozent. Beim Auto sind die Zahlen für den gleichen Zeitraum deutlich rückläufig: Von 34 Prozent sinkt die Nutzung auf magere 14 Prozent. Auch die Zahl der zugelassenen Autos in der Altersgruppe 18 bis 25 ist seit dem Jahr 2000 um 76 Prozent zurückgegangen – im gleichen Zeitraum stieg die Zahl der jüngeren
Einwohner_innen um 13 Prozent, was verdeutlicht, welch enormen Bedeutungsverlust das Auto für die jüngeren Stuttgarter_innen hat. Betrachtet man den Zeitraum zwischen 2005 und 2015, so zeigt sich, dass alle Stuttgarter_innen deutlich häufiger die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen. Die mit dem Fahrrad zurückgelegten Wege nehmen zu. Selbiges gilt auch für die der Fußgänger. Eine deutliche Abnahme verzeichnet hingegen die Nutzung des Autos als Verkehrsmittel. Die genannten Fakten zum Bedeutungszuwachs des Umweltverbunds verlangen nach einer städtebaulichen Sichtbarmachung.
Das Umweltbundesamt hat in der Studie „Umweltbewusstsein und Umweltverhalten junger Menschen“ vom Januar 2016 folgendes ermittelt: „Der Vorschlag, Städte und Gemeinden gezielt so umzugestalten, dass einzelne Personen kaum noch auf ein Auto angewiesen sind, sondern ihre Wege zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln erledigen können, findet bei jungen Leuten große Zustimmung, und zwar mit 84 Prozent noch etwas mehr als in der Gesamtstichprobe (82 Prozent).“ Dieses Ergebnis deutet darauf hin, dass das Projekt zur Erweiterung der Fußgängerzone in der Bevölkerung eine breite Zustimmung finden wird.
Aus den Ergebnissen der aktuellsten Bürgerumfrage lassen sich viele Tendenzen ableiten, die zeigen, dass mit der geplanten erweiterten Fußgängerzone viele Wünsche der Bürger_innen erfüllt werden können. Mit 57 Prozent will eine Mehrheit mehr Grün- und Parkanlagen – das umgewidmete Stadtzentrum bietet dafür viel Raum. Beim Verkehrsaufkommen sind die Zahlen noch eindeutiger: Quer durch alle Alters- und Berufsgruppen sind 68 Prozent der Stuttgarter_innen der Meinung, dass die Landeshauptstadt zu viel Straßenverkehr hat. Jeder zweite Einwohner findet, dass die Luft in Stuttgart zu schlecht ist. Beim zu hohen Verkehrsaufkommen macht die erweiterte Fußgängerzone einen erlebbaren Unterschied. Einen Beitrag für ein besseres Stadtklima leistet das Projekt ebenfalls: Grünanlagen verbessern die Luftqualität. Ein reduziertes Verkehrsaufkommen packt die Ursache für Luftschadstoffe bereits an der Wurzel. Die Lärmbelastung in Stuttgart ist für 38 Prozent der Bevölkerung zu hoch – was im Zusammenhang mit dem Verkehrsaufkommen zu sehen ist. Hier schafft die erweiterte Fußgängerzone Oasen der Ruhe und Orte zum Verweilen.
Für Fußgänger hat die Landeshauptstadt gleich mehrere Konzepte entwickelt: Bereits 2011 unterzeichnete der ehemalige OB Dr. Wolfgang Schuster (CDU) die „Internationale Charta für das Gehen“. Diese fand Eingang in das Verkehrsentwicklungskonzept 2030, das ein klares Bekenntnis zur Bedeutung und Förderung des Fußverkehrs beinhaltet. Die erweiterte Fußgängerzone verwirklicht einen
Aspekt dieses Vorhabens. Zudem erarbeitet die Stadt derzeit ein Fußverkehrskonzept, das die Verbindung der Innenstadtbezirke mit dem Stadtzentrum über sogenannte Flanierrouten vorsieht. Die erweiterte Fußgängerzone ist die logische Schlussfolgerung dieser beginnenden Planung.
Im Bezirk Mitte – in dem die erweiterte Fußgängerzone liegt – herrscht derzeit ein erheblicher Mangel an Spielflächen für Kinder. Laut Spielflächenplan müsste die Quadratmeterzahl der Spielflächen um zwei Drittel steigen – mit der erweiterten Fußgängerzone könnte auch dieser Mangel zumindest gelindert, wenn nicht behoben werden.
Im Fahrradverkehrskonzept aus dem Jahr 2010 formuliert die Stadt Stuttgart ehrgeizige Ziele: innerhalb von zehn Jahren soll der Radverkehrsanteil – gemessen an allen Wegen, die in der Stadt zurückgelegt werden – von sechs Prozent auf 20 Prozent ansteigen, mindestens aber auf zwölf Prozent – das bedeutet eine Verdoppelung des Radverkehrsanteils. Hierfür muss die Radinfrastruktur massiv ausgebaut werden – die erweiterte Fußgängerzone wird zum Schaufenster der fahrradgerechten Stadt. Die bestehende Hauptradroute 1 von Fellbach nach Vaihingen führt direkt durch die Innenstadt, die geplanten Hauptradrouten 2, 3 und 4 passen nahtlos in das Radverkehrskonzept City. Neben dem Ausbau der Wege bietet die erweiterte Fußgängerzone die Möglichkeit, die Zahl der sicheren und
überdachten Abstellplätze für Fahrräder massiv zu erhöhen. Die baulichen und räumlichen Voraussetzungen sind hierfür bereits heute gegeben.
Der Luftreinhalteplan befindet sich derzeit in seiner dritten Fortschreibung. Zentrale Aussagen sind hier, dass es akuten Handlungsbedarf bei der Lufthygiene in Stuttgart gibt. In unmittelbarer Nähe zur erweiterten Fußgängerzone befindet sich die Messstation am Neckartor. Durch die Verkehrsberuhigung und die Schaffung von neuen Grünflächen führt das Projekt mit zur Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte und zur Verbesserung der Stuttgarter Luftqualität.
Der Lärmaktionsplan zur Minderung gesundheitsschädigender Lärmbelastung ist ebenfalls verpflichtender Bestandteil kommunaler Politik. Die Erweiterung der Fußgängerzone und die Temporeduzierung auf dem Cityring helfen die Hauptlärmquelle
Verkehr zum versiegen zu bringen.
Das logSPAZE-Konzept der Stadt Stuttgart hat als zentrales Ziel die Reduzierung des konventionell motorisierten Lieferverkehrs in der Innenstadt. Zahlreiche Lieferungen können über kleine Elektrofahrzeuge, Lastenräder oder kleine Transporthilfen wie Rollpaletten, Sackkarren o.ä. zugestellt werden. Plätze für geeignete Mikrodepot-Standorte gibt es viele. Die Stadt arbeitet aktiv daran, neben den beiden bisherigen Teilnehmern des Pilotversuchs noch weitere Unternehmen für das logSPAZE-Konzept zu gewinnen. Das wird durch die Umsetzung der erweiterten
Fußgängerzone einfacher.
Wir sind …
… für Menschen
Abschnitte des Straßenraums innerhalb des Cityrings sind bereits heute als Fußgängerzone gewidmet. Durch die konsequente Erweiterung bis an die Hauptverkehrsstraßen wird sich die Aufenthaltsqualität für zu Fuß Gehende deutlich erhöhen. Barrieren verschwinden, Beschilderungen, Poller und Bordsteine sind
zukünftig überflüssig. Durch den Wegfall von PKW-Stellplätzen werden Flächen verfügbar, Fußwege können verbreitert werden. Als Konsequenz der Neuordnung reduziert sich das Kfz-Verkehrsaufkommen deutlich und damit auch der Lärm, die Abgase, die Störwirkung parkender Fahrzeuge. Umgekehrt nimmt die Sicherheit für Passanten erheblich zu. Nicht zuletzt deshalb wird die Innenstadt zu einem Paradies
für Menschen jeden Alters, mit und ohne Mobilitätseinschränkungen, zu einer Wohlfühloase und einem Schaufenster für eine Stadt nach menschlichem Maß.
… für Fahrräder
Bestehendes einbinden, Neues schaffen. Die Hauptradroute 1 verläuft bereits einmal längs durch die City. Dies ist aber noch nicht genug. Notwendig und wünschenswert ist vielmehr, neben der Verbesserung und Verbreiterung der bereits bestehenden Radwege, ganz konsequent ein gutes, dichtes Radwegenetz zu schaffen. Dieses soll auch der leichten Erreichbarkeit vieler wichtiger innerstädtischer
Ziele dienen und Raum für Lastenräder eröffnen.
Beispielsweise wird, vom Hauptbahnhof ausgehend, ein weiterer Radweg die Lautenschlagerstraße hinaufführen, sich entlang der Theodor-Heuss-Straße fortsetzen und über die Kienestraße in die Kronprinzstraße einmünden. Parallel zur Hauptradroute 1 in der Tübinger Straße wird eine Fahrtmöglichkeit mit Schrittgeschwindigkeit auch in der unteren Marienstraße zur Verfügung gestellt. Auch für ausreichende Querungsmöglichkeiten sorgen wir: Im Zuge der Umgestaltung der Schillerstraße (Arnulf-Klett-Platz) wird reichlich Raum für Radfahrer geschaffen, was sich dort insbesondere auch in Verbindung mit einem Fahrradparkhaus im Hauptbahnhof als sehr praktisch und nützlich erweist. Auch der Planietunnel kann als Radtunnel in die Planung leistungsfähiger Radquerwege mit höchst interessanten Aspekten einbezogen werden. Als Anfangslösung bleibt die
Querverbindung über die Bolzstraße zur Anbindung der Hauptradroute 1 erhalten.
… für Bus und Bahn
Der Bus- und Bahnverkehr erfährt durch die verbesserte Fußgängerzone einen Bedeutungszuwachs. Weiterhin wird das Rondell am Schlossplatz angefahren. Die Schillerstraße und die Rotebühl-/Torstraße bleiben für die SSB-Linien befahrbar. Für die Schillerstraße hat der Gemeinderat bereits einen Zielbeschluss gefasst, nach dem dort ein verkehrsberuhigter Bereich entsteht. Zwischen Tagblattturm
und Rotebühlplatz verkehrt der Linienverkehr bereits heute mit reduzierter Geschwindigkeit. Durch den Wegfall mehrerer Ampeln ergibt sich bei unserem Vorhaben, trotz einer geringfügigen Tempominderung, kein effektiver Reisezeitverlust. Vielmehr tritt eine Entspannung auf allen Innenstadtbuslinien durch wegfallende Stausituationen vor dem Hauptbahnhof und abgebaute Ampeln ein.
… für Taxen
Die wichtigen Taxistände am Hauptbahnhof, an der S-Bahn-Station Stadtmitte und am Schlossplatz bleiben erhalten. Alle weiteren Taxistände innerhalb des Cityrings werden auf Ersatzflächen an den Zugangsstellen des Cityrings verlegt. Für den Innenstadtbereich soll ein Velo-Taxi-Konzept ausgearbeitet und über Ausschreibung oder Lizenzvergaben realisiert werden, sodass auch innerhalb der verbesserten Fußgängerzone ein Taxibetrieb sichergestellt ist.
Die Erfahrung aus der Einrichtung von Fußgängerzonen zeigt ein erhöhtes Aufkommen an zu Fuß Gehenden, was die Nachfrage nach Taxi-Fahrten aus dem Stadtzentrum heraus verstärken wird.
… für Handel
Die Verteilung von Waren innerhalb der City wird Schritt für Schritt klimaneutral erfolgen. Die derzeit anlaufenden Pilotprojekte für eine alternative City-Logistik (z.B. logSPAZE, Mikrodepots, Förderung von Lastenrädern) werden Alltag. Die festgelegten Lieferzeiten (derzeit 18.00 bis 11.00 Uhr) sind durch mechanisch versenkbare Poller entlang der Einfahrtspunkte in die erweiterte Fußgängerzone nachhaltig durchzusetzen. Zunächst sollen LKW nur noch bis zu einem zulässigen Gesamtgewicht von 7,5 Tonnen in die City einfahren, um die hochwertige Ausstattung der Fußgängerzone wie Bodenbeläge, Stadtbäume und Sitzgelegenheiten zu schützen. Nach und nach sollen jedoch alle LKW Waren-Depots anstelle einzelner Geschäfte ansteuern.
Aus den beschriebenen Verbesserungen ergibt sich eine Verlagerung des Verkehrsgeschehens
auf zu Fuß Gehende, Radfahrende und den ÖPNV. So entsteht ein Musterbeispiel für die Stadt nach menschlichem Maß. In den Randbereichen der erweiterten Fußgängerzone richtet die Landeshauptstadt
einige speziell für Carsharing-Fahrzeuge reservierte Stellplätze ein. Somit wird sichergestellt, dass im Bedarfsfall motorisierte Sharing-Fahrzeuge zur Verfügung stehen. Für Einsatzfahrzeuge der Rettungsdienste sowie der Polizei bleibt das Stadtzentrum befahrbar. Wünschenswert wären an die neuen Gegebenheiten angepasste Polizeistreifen.
… für Urbanität:
Oberirdische Parkplätze und Nebenflächen werden zu Oasen in der Stadt umgewandelt. Kinderspielflächen, Sitzgelegenheiten im Schatten von Bäumen und Wasserspiele laden zum Verweilen ein. Trinkstellen für Mensch und Tier wechseln sich mit Straßencafés und Grünanlagen ab. Ein lebenswerter urbaner Raum ist entstanden, der zu Begegnungen anregt. Das kulturelle und politische Leben erblüht im öffentlichen Raum.
Von diesem positiven Wandel profitieren Handel und Tourismus, wie Erfahrungen aus folgenden Städten deutlich zeigen.
Schon 1962 wurde die Strøget in Kopenhagen in eine Fußgängerzone verwandelt. Die neue Gemütlichkeit wurde von Beginn an von den Menschen geschätzt, Aktivitäten im Freien haben sich inzwischen vervierfacht.
Im Jahr 1998 entschied sich die finnische Stadt Kajaani, eine Fußgängerzone einzurichten. Nach deren Fertigstellung empfand die übergroße Mehrheit, dass die Stadt jetzt schöner, gemütlicher und sicherer geworden sei. Waren vor den Maßnahmen 60 Prozent der Einwohner_innen der Meinung, dass ihre Stadt ein guter Ort zum Leben ist, stimmten nach der Umsetzung 80 Prozent dieser Aussage zu. Darüber hinaus sind über die Hälfte aller Einzelhändler_innen der Überzeugung, dass dieses Projekt ihr Geschäft verbessert hat oder noch verbessern wird.
Eine Verlagerung des Verkehrsgeschehens erreichte die englische Stadt Wolverhampton. Dort wurde in den Jahren 1987 bis 1991 in vier Stufen eine Fußgängerzone eingerichtet. In den folgenden sechs Jahren nahm der Autoverkehr auf dem Cityring um 14 Prozent ab, die befürchteten Verdrängungseffekte in die angrenzenden Bezirke blieben komplett aus. Einen Zuwachs verzeichneten Bus und Bahn auch noch Jahre nach der Fertigstellung des Projekts: Waren es im Jahr 1994 noch 23 Prozent aller Verkehrswege, die mit dem ÖPNV zurückgelegt wurden, so stieg der Anteil bis zum Jahr 2000 auf 26 Prozent. Auch zehn Jahre später waren noch Zuwächse zu verzeichnen.
Hierzulande kann Nürnberg Erfolge aus der Einrichtung einer erweiterten Fußgängerzone im Jahr 1989 vorweisen. In den angrenzenden Bezirken gab es keine Zunahme des Autoverkehrs. Bemerkenswert ist der Rückgang der Luftverschmutzung: Der Ausstoß von Stickstoffdioxid wurde innerhalb eines Jahres um 30 Prozent reduziert, Kohlenmonoxid und Feinstaub verzeichneten im selben Zeitraum einen Rückgang um 15 Prozent.
Warum sollten die genannten Erfolge nicht auch bei uns eintreten?
Damit dies geschehen kann, erarbeitet unser Aktionsbündnis eine rechtssichere Fragestellung für ein Bürgerbegehren und stimmt diese mit der Stadtverwaltung ab. In einem zweiten Schritt sammeln die Vertreter_innen des Aktionsbündnisses 20 000 Unterschriften für das Bürgerbegehren. Alle Bürger_innen Stuttgarts, ab Vollendung des 16. Lebensjahrs mit deutscher Staatsangehörigkeit oder der eines EU-Mitgliedsstaats und seit mindestens drei Monaten in der Landeshauptstadt wohnend, sind berechtigt für das Bürgerbegehren zu unterschreiben. Der dritte Schritt ist ein Bürgerentscheid, den das Aktionsbündnis gewinnen will, sodass er für die Stadt Stuttgart verbindlich wird. Um dieses Ziel zu erreichen initiiert das
Aktionsbündnis die Kampagne Stuttgart laufd nai.
Bündnispartner: Fraktionsgemeinschaft SÖS LINKE PluS (Initiatoren), Fuss e.V. Gruppe Stuttgart, Bund Umwelt und Naturschutz Stuttgart (BUND), Die Anstifter, Naturfreunde Stuttgart e.V., Naturfreunde Radgruppe Stuttgart, Bürgerinitiative Neckartor, Texterei Andreas Zinßer, Jan Lutz – Büro für Gestalten, Vaihinger für den Kopfbahnhof (VK21), Nordlichter, Stuttgart ökologisch sozial (SÖS), Vaihingenökologisch sozial, Linksjugend [`solid] Stuttgart
Stuttgart laufd weidr nai: Die verbesserte Fußgängerzone ist der Beginn einer Umgestaltung der Stadt nach menschlichem Maß. Angrenzende Bereiche wie das Hospitalviertel, der Stöckach, das Leonhards- und Bohnenviertel könnten folgen. Im Stuttgarter Westen ist ein Modell wie in der spanischen Stadt Barcelona denkbar, die mit sogenannten „Superblocks“ eine Verkehrswende einläutet. Dieses Konzept zielt auf ein Mehr an Lebens- und Aufenthaltsqualität ab und will das PKW-Verkehrsaufkommen reduzieren. Eine umfassende Wende in der Stadtentwicklung muss mit einem systematischen Ausbau der Infrastruktur des Umweltverbundes einhergehen: Die Kapazitäten des ÖPNV müssen ausgebaut und neue Linien geschaffen werden. Fuß- und Radwege sollen verbessert, erweitert und weiterentwickelt werden. Die Förderung des Konzepts der Stadt der kurzen Wege muss Schwerpunkt kommunalpolitischer Zielsetzung werden, um das stadtpolitische Ziel zu erreichen: Stuttgart – eine Stadt, gestaltet nach menschlichem Maß.
Web: stuttgart-laufd-nai.de
Facebook: stuttgartlaufdnai