Lieber Oberbürgermeister, liebe Stadträtinnen, liebe Stadträte, liebe Menschen in Stuttgart,
Wir sind auf dem Weg, die Corona-Krise in den Griff zu kriegen. Doch die Kosten waren und sind unglaublich hoch und ich rede hier nicht vom Geld! Ich rede davon, dass viele Menschen gelitten haben, einsam waren oder es noch sind, Familien auseinandergingen, Menschen gestorben sind oder sich sogar das Leben genommen haben. Zwei Jahrgänge an Grundschulkindern saßen mit Masken an ihren ersten Schultagen im Unterricht und sie konnten das Lächeln ihrer neuen Freunde nur unter der Maske erahnen.
Die Krise ist aber leider nicht vorbei Wir haben auch nicht nur eine Krise, wir haben nicht nur eine Corona-Krise, wir haben auch eine Krise im Sozialen! Corona hat die Gräben zwischen Arm und Reich vertieft. Wir haben auch schon lange eine Krise auf dem Wohnungsmarkt.
Uns stehen große Aufgaben bevor, die Innenstädte, die Berufe und die Industrie verändern sich, aber ganz besonders bedroht uns die Klimakrise.
Was werden wir den Kindern einmal sagen, wenn das Klima in der Stadt unerträglich wird? Dass wir Alten eine tolle Zeit in unseren dicken Autos hatten? Sollen wir ihnen sagen, dass unsere Gier nach Wachstum uns ein paar schöne Jahre gebracht hat und das alles auf ihre Kosten? Dass uns eine schwarze Null wichtiger war, als Investitionen in ihre Zukunft?
Ich will dies nicht sagen müssen, ich will sagen: wir haben dagegen gekämpft, und noch besser wäre es, wenn ich sagen könnte, wir haben es verhindert! Wir müssen gemeinsam als eine Stadt, solidarisch sein, mit unseren Mitmenschen und gegenüber der Natur, um das Schlimmste noch abzuwenden. Wir selbst sind Teil der Natur und auf sie angewiesen.
Deshalb haben meine Fraktion und ich es uns zur Aufgabe gemacht, den Krisen entgegenzutreten, die Folgen abzumildern. Unsere Pflicht ist, das Leben der Menschen in dieser Stadt besser zu machen! Es ist höchste Zeit für Veränderungen! Wir haben vielfältige Vorschläge, Ideen und Anträge gestellt und wir wissen natürlich auch, dass die Finanzlage angespannt ist, aber wir wissen auch, dass Stuttgart eine der reichsten Kommunen in Deutschland ist!
Ja, Corona hat die bereits bestehenden sozialen Probleme noch verschärft, aber viele Probleme waren vorher schon da. Ich spreche hier von Bildungsungerechtigkeit, der schulische Erfolg von Kindern und Jugendlichen ist leider viel zu sehr vom Einkommen und der Bildung der Eltern abhängig: deshalb wollen wir, dass gute Projekte für Bildungsgerechtigkeit fortgesetzt, ausgebaut und umgesetzt werden.
Hier müssen wir früh ansetzen und deshalb dürfen keine Kinder und Familien mehr in Sozialhotels untergebracht werden!
Solange sie aber noch nicht aus diesen Sozial- und Gemeinschaftsunterkünften herauskommen, muss die Situation der Familien dringend verbessert werden!
Ebenso müssen die Hilfen für junge Familien, die Gemeindepsychiatrischen Zentren, die Präventions- und Sozialprojekte von freien Trägern, Kirchen und Vereinen, die Krebsberatungsstelle, und Projekte zur Gewaltprävention personell und finanziell gestärkt werden. Nach anderthalb Jahren Corona-Pandemie muss sich unser Fokus auch auf die seelische Gesundheit der Menschen richten.
Gewalt und Hass muss Einhalt geboten werden. Wir setzen uns für ein friedliches Zusammenleben ein, insbesondere auch für die Akzeptanz der LGBT-Community.
Die Zeiten ändern sich, unsere Welt wird globaler und komplizierter. Dem müssen wir Rechnung tragen. Den Kräften, die meinen, dass man das Rad zurückdrehen könnte, stellt sich meine Fraktion und ich entschieden entgegen.
Wir wollen eine Welt, in der Menschen von einem Job – und nicht von mehreren Jobs – leben können, wo Menschen Zeit für ihre Kinder haben und Mieten bezahlbar sind. Dazu müssen wir die strukturellen Voraussetzungen schaffen, sonst bleibt alles nur beim kleinen Pflaster auf großen Wunden.
Wir müssen die Bildung stärken, Stellen für das Jugendamt und die Schulsozialarbeit schaffen. Kinder unterstützen ist tausendmal wichtiger, als neue Konzerthäuser zu bauen.
Ich habe es als selbständige Gastronomin am eigenen Leib erlebt, die Corona-Krise hat viele Menschen auch finanziell schwer getroffen: Geringverdienende, Studierende, Selbstständige, die ganze Gastronomie und Hotellerie, ich könnte leider so viele aufzählen.
Wir dürfen die Menschen, die unser Leben bereichern, nicht im Stich lassen, deshalb wollen wir kleine Einrichtungen von Kunst und Kultur in Stuttgart unterstützen.
Es darf nicht sein, dass der Eigentumsförderung beim Wohnen von der Verwaltung eine höhere Priorität eingeräumt wird, als dem Sozialwohnungsbau. Dieser Vorschlag der Verwaltungsspitze ist skandalös! Der Wohnungsmarkt in Stuttgart ist eine Farce und eine soziale Bankrotterklärung für die Stadtführung der letzten Jahrzehnte.
Tausende Menschen warten und hoffen oft jahrelang, dass sie eine bezahlbare Wohnung finden. Bevor wir auch nur eine weitere Eigentumswohnung fördern, müssen zuerst die Menschen aus der Notfallkartei untergebracht werden!
Dazu braucht es eine Bodenvorratspolitik, wir brauchen einen kommunalen Wohnbaufonds, wir dürfen keine Flächen der Stadt mehr verkaufen! Wir wollen keine Stadt der Investoren und Profite, wir möchten eine Stadt die allen gehört!
Eine Stadt für Alle, braucht aber auch Raum:
Wir geben dem Auto zu viel Platz in Stuttgart und auch zu viel Platz in unserem Leben. Ja, – die Automobilindustrie hat der Region großen Wohlstand gebracht, aber auch viel schlechte Luft und Staus. Vor allem aber ist der öffentliche Raum zum Abstellplatz für den Privatwagen verkommen.
Das geht auf Kosten von spielenden Kindern und Treffpunkten für Menschen! Wir brauchen mehr Leben auf der Straße und auf Plätzen, mehr Bäume, mehr Sitzgelegenheiten und Radwege. Deshalb wollen wir höhere und auch sozial gerechtere Parkplatzgebühren. Und wir setzen uns dafür ein, dass Schüler und Studierende in Bus und Bahn frei fahren dürfen. Dies wäre ein erster Schritt zu einem kostenlosen Nahverkehr.
Ständiges Wachstum darf kein Leitmotiv mehr sein. Um die anstehenden Umbrüche zu bewältigen, muss Nachhaltigkeit das oberste Ziel sein.
Den Kommunen kommt eine zentrale Bedeutung bei der Klimawende zu. Daher wollen wir mehr Grün in die Stadt, weniger Bodenversiegelung, und alle städtischen Gebäude bis 2030 klimaneutral machen. Klimaschutz dürfen wir nicht allein der kommenden Generation auflasten! Und eine Kommunalverwaltung ist nur dann stark, wenn sie personell gut ausgestattet ist.
Wir haben viele Anträge gestellt, auch Stellenanträge. Nicht etwa, weil wir denken, es gäbe hier eine Gelddruckmaschine im Keller. Nein, – wir haben alles beantragt, weil es notwendig ist. Es muss jetzt umgesteuert werden und viele Menschen brauchen jetzt unsere Hilfe!
Wir sind nicht Teil eines Status Quo Bündnisses und wollen es auch nicht sein, denn wir wissen: Einsparungen heute bedeuten weit höhere Kosten morgen. Daher ist es der völlig falsche Weg!
Unsere Anträge zielen auf Verbesserungen: sie reichen von der Klima-, Wohnungs- und Bildungspolitik, über die Sozialpolitik bis hin zur Stadtentwicklung, Kulturpolitik und dem Natur- und Tierschutz.
Wir sind sicher, dass mit unseren Inhalten den bestehenden und kommenden Problemen am besten begegnet werden kann.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Stadtverwaltung Stuttgart, lassen Sie uns gemeinsam die Stadt sozial und ökologisch umbauen, für eine gerechtere Stadtgesellschaft, ein lebenswertes Stuttgart und für die Zukunft unserer Kinder!
Vielen Dank.