Wir beantragen:
- Den freiberuflich tätigen Dozent:innen mit arbeitnehmerähnlichem Status der vhs Stuttgart wird bezahlter Jahresurlaub gemäß Bundesurlaubsgesetz gewährt und Urlaubsentgelt bezahlt. Die Verwaltung ermittelt die dafür entstehenden jährlichen Kosten für die vhs und erstattet diese per Zuschuss an die vhs.
- Vorsorglich stellt die LHS Stuttgart der vhs für diesen Zweck – zusätzlich zu deren bereits vorhandenen Rückstellungen – weitere 100.000 Euro als dafür zweckgebundene Rückstellungen zur Verfügung.
- Die vhs wird aufgefordert, den betreffenden Dozent:innen mit arbeitnehmerähnlichem Status die ihnen rückwirkend zustehenden Entgelte aus den Jahren 2017 bis 2021 zeitnah auszuzahlen.
Begründung:
Das Stuttgarter Arbeitsgericht machte in seiner Entscheidung im Juli deutlich, dass für vhs Dozent:innen mit „arbeitnehmerähnlichen Status“ ein Anspruch auf Urlaubsvergütung oder Urlaubsentgelt nach dem Bundesarbeitsgesetz besteht. Die vhs legt aktuell gegen die Entscheidung Rechtsmittel ein und bemüht sich um den Eindruck das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart habe keine (finanziellen) Auswirkungen, schon gar nicht in Form einer tatsächlichen Gewährung von Urlaubsentgelt. Dennoch wurden nach Angaben der vhs bereits 200.000 € Rückstellungen getroffen und im Rahmen des DHH 2022/23 erneut insgesamt 100.000 € zusätzliche Mittel als „Mehrbedarfe Urlaubsentgelte der Dozent:innen aus dem Bereich Deutsch als Fremdsprache“ erbeten. Es wäre an der Zeit den seit 2016 (!) im Raum stehenden und nun auch richterlich anerkannten Forderungen nach Urlaubsanspruch nachzukommen.
Honorarlehrkräfte sind und erbringen ihre Dienstleistung grundsätzlich als Selbstständige, haben aber arbeitnehmerähnlichen Status, wenn sie keine eigenen Mitarbeiter:innen beschäftigen und mehr als 50% ihres Einkommens von einem einzigen Arbeitgeber beziehen (§ 12a Tarifvertragsgesetz). Sie haben nach § 2 Bundesurlaubsgesetz Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub gemäß § 3 Bundesurlaubsgesetz, wenn sie die beiden o.g. Bedingungen erfüllen und damit als „arbeitnehmerähnliche“ Personen gelten. Die Abgeltung des mit diesem Status einhergehenden Urlaubsanspruches kann durch die Zahlung eines „Urlaubsentgelts“ erfolgen, insbesondere dann, wenn aufgrund der speziellen Art der Tätigkeit der Urlaub nicht oder nur erschwert in natura genommen werden kann. Nach Berechnung des Arbeitsgerichts stehen in zwei anspruchsberechtigten Fällen für die Jahre 2016 und 2017 jeweils 14 Tage, für das Jahr 2018 nochmals 16 Tage Urlaub zu. Es kann weder im Sinne der vhs noch der LHS sein, dass nun jede einzelne Honorarkraft eine monetäre Abgeltung auf privatrechtlicher Ebene vor Gericht einklagen muss. Ein großer Teil der Rückstellungen der vhs müsste dann für Prozesskosten aufgewendet werden.
Die vhs Stuttgart ist die mittlerweile größte öffentliche, von der Stadt Stuttgart geförderte Weiterbildungseinrichtung Baden-Württembergs und somit auch ein zentrales Aushängeschild der Landeshauptstadt. In ihrem Leitbild und Selbstverständnis betont die Volkshochschule Stuttgart auf ihrer Homepage ihre große öffentliche Bedeutung: „Die vhs stuttgart ist eine öffentliche Weiterbildungseinrichtung. Sie wird zu großen Teilen aus öffentlichen Mitteln finanziert und steht daher in einer besonderen gesellschaftlichen Verantwortung. Ohne eine verlässliche Finanzierung, vor allem durch die Landeshauptstadt Stuttgart, kann die vhs nicht erfolgreich sein. Auch daraus ergibt sich für uns die Verpflichtung zu sorgsamem und wirtschaftlichem Umgang mit allen Ressourcen.“ Mitarbeiter:innen und somit auch Honorarkräfte sind eine zentrale Ressource für das Kursangebot. Auch mit dieser Ressource muss deshalb sorgsam umgegangen werden. Prekäre Beschäftigungsverhältnisse und Aberkennung von Rechten sind weder mit dem Anspruch der vhs noch der Landeshauptstadt zu vereinbaren.
Der Landeshauptstadt Stuttgart kommt als Arbeitgeberin Vorbildfunktion zu. Sie legt soziale und ökologische Maßstäbe in ihren Vergabe- und Anlagerichtlinien fest, ebenso selbstverständlich muss die Einhaltung arbeitnehmerrechtlicher Vorgaben sein. Im Zuge der großen Pläne für die Zukunft der vhs Stuttgart ist es an der Zeit die Auflösung dieses Konflikts durch die Verwaltung und den Gemeinderat herbeizuführen. Der Anspruch auf Urlaubsentgelt muss deshalb anerkannt und im Rahmen des DHH 2022/23 erfüllt und gesichert werden.